Wie mir das Spiel Animal Crossing in einer Zeit ohne echte Kontakte ein Sozialleben gab

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Im Corona-Lockdown probierten die meisten von uns neue Dinge aus oder versuchten sich irgendwie abzulenken. Nachdem ich jedoch alle DIY-Tipps durch, alle Möbel in der Wohnung schon zum dritten mal umgestellt hatte und mittlerweile Meister im Bananenbrot backen geworden bin, brauchte es eine gute Beschäftigung, um die Zeit mehr oder weniger “sinnvoll” zu überbrücken. Und so kam es, dass ich “Animal Crossing” für mich entdeckte. Das Spiel, das mir in einer Zeit ohne echte Kontakte ein Sozialleben gab.

Animal Crossing: New Horizons ist der Name des Spiels, das am 20. März 2020 für Nintendo Switch erschienen ist und in der Gaming Community für Freudentränen und schneller schlagende Spieler-Herzen sorgte.

Ziel des Spiels ist es, eine utopische Insel mit Nachbarn zu bauen, die deine besten Freunde sind und Dinge zu ernten. Das ist es auch schon. Ein “Game Over” gibt es in diesem Spiel nicht.

Ein Spiel, das mir gab, was mir im echten Leben fehlte

Nachdem das reale Leben zum Release-Zeitpunkt des Spieles eher wie ein schlechter Film wirkte, und ich mehr oder weniger in meinen eigenen vier Wänden feststeckte, wirkte Animal Crossing wie ein Tor zu einer Welt, in der alles in bester Ordnung zu sein scheint. Ich hatte die ständigen Corona-News satt, und wollte am liebsten nichts mehr davon hören. Das Leben war ohne soziale Kontakte und ohne einen konkreten Ausblick auf die Zukunft schon grau genug.

Obwohl ich zuvor noch keinen einzigen Animal Crossing Teil gespielt hatte, war ich mir nach der Release-Ankündigung sicher: Dieses Spiel wird mein täglicher Begleiter im Corona-Alltag.

So tragisch die Krise auch ist, es hätte wohl keinen besseren Zeitpunkt für ein Spiel wie dieses gegeben. Schließlich war ein normales Leben während der Ausgangssperre in keinerlei Weise möglich und das Konzept von Animal Crossing daher perfekt. Ich wollte mein virtuelles Haus mit immer schöneren Möbeln einrichten, die einst einsame Insel mit allen möglichen Gegenständen aufwerten, oder einfach nur am Fluss stehen, und angeln. Ja, das geht auch. Und ja, ich verbrachte Stunden damit. Und änderte dafür sogar meinen realen Tagesrhythmus.

Mitten in der Nacht für einen seltenen Fisch aufzustehen, gehörte nun zu meinem Alltag

Das Spiel synchronisiert seine virtuelle Spielzeit nämlich mit unserer aktuellen Tageszeit. Manche Fische kannst du also nur nachts angeln, bestimmte Händler und Verkäufer lassen sich nur sonntagmorgens auf der Insel antreffen… du siehst schon, es gibt viel Potential für lange Animal Crossing Sessions.

Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass ich für dieses Spiel nicht mehrmals mitten in der Nacht aufgestanden, das Spiel angemacht und diesen einen seltenen Fisch, den es nur nachts gibt, gesucht hätte…

@drag0nf1yAccurate. ##acnh ##animalcrossing ##animalcrossingnewhorizons ##gotthisforyou ##itsaremix♬ Baile Incredible – Rani Rahmawati

Social Distancing in der echten Welt, Vorfreude auf den Wochenmarkt im Spiel

Das Echtzeit-Feature sorgte sogar dafür, dass ich mich auf den virtuellen “Wochenendmarkt” im Spiel freute. Den realen Markt zu besuchen und in echten Geschäften einkaufen zu gehen, war ja leider nicht wirklich möglich.

Und dieser “Realitätsverlust” muss nicht unbedingt schlecht sein. Spiele wie dieses sind eben dazu da, der Wirklichkeit für einige Stunden entkommen zu können, und dabei die eigene Stimmung aufzuheitern. Animal Crossing brachte Ablenkung, Spaß und eine Art von Normalität in meinen, und in den Alltag von Millionen von Menschen, und das darf man ruhig loben.

Ich wüsste nicht, was ich sonst so den ganzen Tag gemacht hätte, wenn es das Spiel nicht gäbe. Hätte ich stattdessen etwas Produktiveres machen können? Bestimmt.

Hätte mich das genauso glücklich gemacht, und hätte es mich die Realität genauso gut vergessen lassen? Eher unwahrscheinlich.

Das Spiel hat seinen Zweck in dieser aktuell schwierigen Lage einfach erfüllt.

@alinexueAHHH ANIMAL CROSSING NEW HORIZONS LETS GOOOOO? ##animalcrossing ##animalcrossingnewhorizons ##xyzabc♬ Countdown – TikTok

Ich machte wildfremden Leuten einfach so Geschenke

Animal Crossing bietet einem außerdem die verschiedensten Möglichkeiten, mit anderen Spielern zu interagieren. Das können Freunde sein, die man aus dem Offline-Leben kennt, oder aber auch Fremde, die man in den unzähligen Foren, Twitter Threads, und Gaming-Communities im Netz finden kann. Und der Austausch innerhalb der Community ist ähnlich putzig, wie das Spiel selbst. Seltene Gegenstände werden getauscht, Bilder besonders schöner Inseln zusammen bestaunt, und Neuanfängern geholfen. Die Coronakrise sorgte wohl auch in der virtuellen Welt für Zusammenhalt und einen guten Umgang miteinander.

Ich habe während meiner Animal Crossing Zeit wahrscheinlich mehr fremden Menschen Geschenke gemacht, als in meinem ganzen (realen) Leben. Darüber hinaus bin ich zum Einrichtungsprofi geworden, habe alles mögliche über verschiedene Fischarten gelernt, und herausgefunden, dass mir Gartenarbeit Spaß macht. Also zumindest virtuell.

Vielleicht findest du das alles etwas traurig, aber ich werde definitiv versuchen, mir meine Animal Crossing Angewohnheiten beizubehalten, und, wann immer möglich, mir mein hilfsbereites und fröhliches virtuelles Ich zum Vorbild zu nehmen.

 

Über Benjamin

Irgendwo zwischen Oberstufe und Matura hat er sich dazu entschlossen, Kameramann zu werden und das „liabe“ Kärnten zu verlassen, um in Wien sein Studium der Theater,- Film,- und Medienwissenschaft zu beginnen.
Mehr von ihm gibt’s auf www.steindorfer-videography.com und @benni.ste