Warum (meine) Bisexualität keine “Orientierungsphase“ ist

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Frühstück oder Abendessen? Sommer oder Winter? Mann* oder Frau*? Entweder oder! Wir Menschen haben leider häufig die Angewohnheit, schwarz-weiß zu denken. Ganz besonders im Zusammenhang mit Sexualitäten – etwa Bisexualität. So quasi, entweder ist man Hetero oder Homo. Bi? Gibts nicht. Und wenn, dann ist es nur eine Phase. So ein Schmarrn! Warum (meine) Bisexualität keine “Orientierungsphase“ ist und endlich als eigenständige Sexualität gelten sollte? Here’s why!

Dass ich sowohl Frauen* als auch Männer* begehre, ist für mich seit gut 18 Jahren komplett normal. Ich machte, bis auf die ersten Jahre, in denen ich noch unsicher war, ob “das eh ok so ist”, nie einen Hehl aus meiner Bisexualität. Ich sah, als ich anfing, mich wirklich wohl mit meiner Sexualität zu fühlen, keinen Anlass mehr, mich zu verstecken oder mich dafür zu schämen.

Für mein Umfeld war meine Offenheit allerdings ein Grund, mir unaufgeforderte und teilweise gehässige Kommentare vor den Latz zu werfen. “Du willst doch nur Aufmerksamkeit“ oder “Bi zu sein ist nur eine Phase“ zählen zu den Klassikern an Vorurteilen, mit denen ich immer wieder konfrontiert wurde/werde.

 

Jede*r Bisexuelle*r kennt’s

So geht’s nicht nur mir. Ich kenne keine bisexuelle Person, die nicht in die klassische “Orientierungsphase-Schublade“ gesteckt oder als “aufmerksamkeitsgeil“ bezeichnet wurde.

Dass man sich zu verschiedenen Geschlechtern hingezogen fühlt, scheint in den Augen vieler Menschen, darunter die eigene Familie, Freund*innen oder Bekannte, unbegreiflich und lediglich eine Momentaufnahme zu sein.

© Unsplash edited by BAM! | Johanna

“Wenn du wirklich bi wärst, wärst du jetzt nicht in einer heterosexuellen Beziehung!“

 

Ich weiß, was es heißt und wie es sich anfühlt, wenn man als bisexuelle Person hier und da nicht ernst genommen wird. Wenn man dieses Gefühl aber sogar innerhalb der LGBTQIA+ Community vermittelt bekommt, ist das, excuse my french, doppelt beschissen, da sie eigentlich ein safe space sein sollte, in dem man sich und seine Sexualität gegenseitig unterstützt und akzeptiert.

 

Leider musste ich diese Erfahrung mit einer damaligen Freundin machen, die mir, obwohl selbst queer und eigentlich total offenherzig, meine Bisexualität aufgrund meiner heterosexuellen Beziehung absprach. In ihren Augen sei ich demzufolge nicht “bisexuell genug“. Wieder eines dieser Vorurteile, die bisexuelle Menschen nur allzu gut kennen. Unsere Freundschaft hielt, wenig überraschend, nicht lange.

 

Bi-Akzeptanz fehlt gefühlt (noch) überall

 

Als wäre es nicht schon org genug, dass man in den eigenen Kreisen immer wieder aneckt, findet man Bi-Feindlichkeit auch in Serien und/oder Filmen.

Aus dem Stehgreif fällt mir da beispielsweise eine der Hauptfiguren aus der Serie “The L Word“ ein, die sich als Bisexuelle im Laufe der Serie immer wieder Voreingenommenheiten stellen muss. Auch in Sex And The City (“bisexuality is a layover to gaytown“) oder in Orange Is The New Black (bezieht sich immer wieder auf die “lesbische Phase“ der Hauptfigur Piper Chapman) wird Bisexualität kaum Bedeutung beigemessen. Nein, es findet sogar “Bi-Erasure“, also das Unsichtbarmachen von Bisexualität, statt.

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Solche Beispiele im TV fördern genau jene Voreingenommenheiten, mit denen Bisexuelle sich rumschlagen müssen. Dabei wollen wir, ebenso wie etwa Homo- oder Heterosexuelle, als eigenständige sexuelle Orientierung gelten.

 

 

 

Ein bi-ssi Aufgeklärtheit

 

Ich glaube zu wissen, dass der Ursprung eines vorurteilsvollen Gedankenguts in vielen Fällen fehlende Aufklärung sowie fehlendem out-of-the-box-thinking aufweist, was wiederum zu Intoleranz bzw. Inakzeptanz führen kann.

© Unsplash edited Cansu Tandogan

 

Das Beste, was man demnach tun kann, ist, bisexuellen Menschen zuzuhören und, wenn man Intoleranz oder Vorurteile hautnah mitbekommt, einfach mal ein bisschen Aufklärungsarbeit zu leisten.
Hier kommt mein Part in puncto Aufklärung:

Die drei wichtigsten Fragen & Antworten zum Thema Bisexualität:

1. Was bedeutet bisexuell eigentlich? 

 

Theoretisch betrachtet fühlt sich eine bisexuelle Person romantisch und/oder sexuell zu Menschen zweier oder mehrerer Geschlechter hingezogen. Praktisch betrachtet ist die Welt für Bisexuelle aber fluid. Bisexuell bist du/kannst du sein, wenn…

  • du bisher nur Beziehungen und/oder Sex mit Personen des gleichen Geschlechts hattest.
  • du bisher nur Beziehungen und/oder Sex mit Personen des anderen Geschlechts hattest.
  • du noch nie in einer Beziehung warst und/oder noch nie Sex hattest.
  • du derzeit in keiner Beziehung bist und/oder derzeit keinen Sex hast.
  • du keine Beziehung willst und/oder keinen Sex willst.
  • du in einer heterosexuellen Beziehung bist.
  • du in einer homosexuellen Beziehung bist.

Wenn ich eine Beziehung mit einem Mann* eingehe, ändert das nichts an meiner bisexuellen Identität. Ich bin auch nicht plötzlich lesbisch, wenn ich eine Beziehung mit einer Frau habe. (Meine) Bisexualität basiert nicht auf (meinen) Beziehungen, sondern darauf, wer ich als Mensch bin und wie ich fühle.

 

2. Ist Bisexualität bloß eine Phase?

 

Nein. Bisexuelle machen zwar mehr als einmal die Erfahrung, dass ihre sexuelle Orientierung von außen betrachtet nicht als stabil bzw. ernstzunehmend angesehen wird, doch das ändert absolut nichts an der Tatsache, dass wir nun mal bisexuell sind.

© Unsplash edited by BAM! | Johanna

3. (Wann) soll ich mich outen? 

 

Gleich vorweg: Ein Outing findet nicht nur einmal im Leben statt. Man outet sich immer wieder, ganz besonders, wenn neue Menschen in dein Leben treten bzw. wenn du neue Menschen in dein Leben lässt. Generell lässt sich aber folgendes sagen: Oute dich, wenn du dich dafür bereit und sicher fühlst. Wenn du weißt, wie du fühlst. Ich kann dir aus Erfahrung sagen, dass es manchmal schwer ist, sich durch all die Vorurteile da draußen zu kämpfen, aber es ist gleichzeitig befreiend einfach du selbst sein zu können. Dennoch: mach es in deinem eigenen Tempo, auf deine eigene Weise.

Es wird immer besser mit der #bivisibility

 

Wenn wir schon beim Outing sind: Damals, als ich 15 war (also vor über 15 Jahren) gab es noch keine so großartige #bivisibility, wie heute. Weltstars wie Cara Delevigne, Lili Reinhart, Yungblud, Miley Cyrus oder Ezra Miller sind offen bisexuell und haben einen großen Einfluss auf die immer besser werdende Entwicklung hin zu einer aufgeschlosseneren und toleranteren Gesellschaft gegenüber Bisexuellen. So kommt es, dass auch immer mehr Menschen zu ihrer Bisexualität stehen. Wenn das kein Grund, zu feiern ist!

© Unsplash edited by BAM! | Johanna

Du darfst offenkundig bisexuell sein und du darfst dich bzw. deine Sexualität bedeckt halten. Ganz wie du es für dich entscheidest und wie du dich wohlfühlst. Sich als bisexuell zu identifizieren bedeutet nicht, dass du sexuell unersättlich bist, es bedeutet nicht, dass du dich nicht entscheiden kannst, es bedeutet nicht, dass du dich in einer Phase befindest. Es bedeutet, dass du liebst, wen du liebst. Lass dich von Vorurteilen, Inakzeptanz und sonstiger negativer Resonanz nicht unterkriegen oder aufhalten.

Über Romy

Die freie Autorin aus Beverly Hietzing liebt charmante Altbauwohnungen, tauscht diese aber dennoch gegen wenige Quadratmeter auf vier Rädern ein. Menschenleere Platzerl an Seen sind ihr Zuhause, ein selbstgebauter Schreibtisch ihr Büro, Gelsen ihre Feinde und Kaffee ihr Frühstück. Manchmal auch Mittagessen. @rollingatelier