„Ohne Du wird keiner zum Ich“ – Caritas Präsident Michael Landau im Gespräch

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Michael Landau ist Direktor der Caritas der Erzdiözese Wien, Präsident der Caritas Österreich, katholischer Priester und Jurymitglied des Bank Austria Sozialpreises. Ein vielbeschäftigter Mann also, der sich aber trotzdem die Zeit nahm, um mit uns über seinen Werdegang, Zusammenhalt und Nächstenliebe zu sprechen.

Wir sind mit Michael Landau im ersten Wiener Gemeindebezirk  verabredet. Hier in der Gegend ist immer besonders viel los, die Menschen gehen wortlos aneinander vorbei und achten nicht auf die anderen. Auch wir kämpfen uns durch die Menschenmassen, um pünktlich zu unserem Termin zu kommen. In der PfarrCaritas am Stephansplatz angekommen, treffen wir dann auf einen Mann, der uns auf den ersten Blick sympathisch ist.

© BAM! | Christopher Hanschitz

Er spricht mit ruhiger Stimme, wirkt sehr geerdet und gibt uns gleich zu Beginn mit, dass wir trotz Druck und Stress im Alltag niemals unsere Balance verlieren und versuchen sollten,  jeden Tag ein Stückchen bewusster zu leben. Notiert.

Bei all den negativen Dingen, die man jeden Tag in den Nachrichten und der eigenen Social Bubble hört und liest, vergisst man ganz schnell den Blick nach vorne zu richten und tendiert dazu, das Positive außer Acht zu lassen. Dabei existieren die positiven Dinge noch, in einer Vielzahl sogar.

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„Eine Generation von Egoisten sieht anders aus.“

Dieser Satz bleibt irgendwie hängen. Michael Landau erzählt uns, wie viel Gutes er tagtäglich sehe und dass Zusammenhalt, Respekt und Mut an jeder Ecke zu finden seien. Man muss nur hinsehen und darf die Augen nicht davor verschließen. Ebenfalls notiert.

Seine Arbeit bei der Caritas bezeichnet er als eine der schönsten Aufgaben Österreichs. Zu seiner jetzigen Position ist er aber ganz überraschend gekommen, erzählt er uns. Während seines Studiums der Theologie noch wurde er ausgewählt, den Posten des Caritas Direktors in Wien zu übernehmen. Das ist jetzt knapp 25 Jahre her. Mittlerweile hat er auch den Posten des Caritas Österreich Präsidenten übernommen (wie bereits erwähnt: er ist ein vielbeschäftigter Mann).

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Manchmal fordernd und intensiv, wie er seine Arbeit selbst beschreibt, ist er dennoch unglaublich dankbar für diese erfüllende Position. Diese macht es ihm möglich, jeden Tag mitzubekommen, dass Menschen für andere da sind und wie gemeinsam unglaublich viel verändert wird.

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Natürlich gibt es nach wie vor viel Not, auch in einem reichen Land wie Österreich, welches Landau als “Hauptgewinn der Geburtsort-Lotterie” bezeichnet. Die 120.000 Mahlzeiten, die jährlich in der Gruft, einer Einrichtung für Obdachlose in Wien, ausgegeben werden, sind nur einer der Indikatoren dafür, dass auch Menschen in Österreich dringend Hilfe benötigen.

Abfinden will er sich mit solchen Situationen aber nicht. Denn wir tragen alle eine gesellschaftliche Verantwortung und die Gerechtigkeit in einem Land misst sich schließlich auch daran, wie mit den Schwächsten umgegangen wird.

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“Geht es uns selbst nicht auch besser, wenn es unseren Mitmenschen gut geht?”

Auch diese Aussage lässt uns nach unserem Gespräch irgendwie nicht mehr los. Eine sehr einfache und aufrichtige Frage, die etwas lostritt und zum Nachdenken anregt. Man hat fast schon das Gefühl, dass sie die Macht besitzt, selbst die zu bewegen, denen das Wohl jedes Einzelnen eigentlich nicht so wichtig zu sein scheint.

Zusätzlich zu allgemeinen politischen Veränderungen braucht es laut Michael Landau aber auch ein Umdenken innerhalb unserer Gesellschaft. Jede Person und jedes Unternehmen sollte sich demnach überlegen, wie man die Gemeinschaft stärken und das Miteinander fördern kann.

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Eine Initiative, die österreichweit sichtbar macht, wie viele größere und kleinere Projekte es diesbezüglich gibt und wo die Menschen überall zusammenhalten und füreinander da sind, ist der Bank Austria Sozialpreis, der heuer sein 10-jähriges Jubiläum feierte. Als Jurymitglied hat Michael Landau einen besonders guten Einblick und betont, wie wichtig es ist, diese Initiativen und die Menschen dahinter vor den Vorhang zu bitten.

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Denn wer sieht, das andere Gutes tun, ist auch selbst dazu geneigt, etwas Gutes zu tun.

Wir gehen nach unserem Gespräch mit Michael Landau wieder hinaus auf die überfüllten Straßen. Doch anstatt diese einfach blind und rücksichtslos entlangzugehen, schauen wir hin und schenken ein paar Fremden, die uns entgegenkommen, ein Lächeln.

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Willst du auch gerne etwas Gutes tun und dich freiwillig engagieren, weißt aber vielleicht noch nicht genau, in welche Richtung es gehen soll? Dann mache unser Quiz und finde heraus, welche Stelle für dich passend wäre!