Der Netflix-Effekt: Wie die Serien, die wir schauen, unser Leben beeinflussen

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Dass Filme und Serien Dinge im realen Leben beeinflussen, ist eigentlich recht logisch. Sie rücken oft Themen ins Rampenlicht, die zuvor nicht so große Aufmerksamkeit erhalten haben. Sie können aber auch bei “banaleren” Dingen wie Fashion mittlerweile echte Trendsetter sein. Immer häufiger sind Netflix-Serien der Ursprung solcher Trends, weshalb es dafür auch schon einen mehr oder weniger offiziellen Begriff gibt: Der Netflix-Effekt. Was das genau ist? Weiterlesen, dann erfährst du’s!

Ein Großkatzen-Zoo mit 64 Millionen digitalen Besucher*innen

Erinnerst du dich noch an Tiger King? Wilde Erinnerung, oder? Die Memes, die da rausgekommen sind, waren absolutes Gold. Gut, der Release war auch sehr gutes Timing, zumal zu dem Zeitpunkt ungefähr die ganze Welt im ersten Lockdown war.

Außerdem wurde im Februar 2020, weniger als ein Monat vor dem Release von Tiger King, das “Top 10”-Feature auf der Netflix Startseite eingeführt. Bei dem siehst du, was gerade auf Netflix so am meisten geschaut wird. Und wenn klar ist, welche Serien oder Filme gerade bei vielen Menschen beliebt sind, trifft sich bei vielen bestimmt die Entscheidung nach der nächsten Serie zum Bingen schneller.

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Außerdem kann man dann im Internet überall mitreden und auch über die ganzen Memes lachen, die aus den Top-Serien immer wieder rauskommen.

Tiger King war irgendwie die erste Netflix-Serie, die gefühlt ALLE gesehen haben, und viele vermutlich auch genau deshalb, weil sie gerne Teil aller Insider-Witze sein wollten.

Das Gefühl mag vielleicht gar nicht so falsch sein, haben in den ersten vier Wochen nach dem Release doch tatsächlich 64 Millionen Netflix-Konten weltweit die Serie angeschaut. Oage Zahl! Deshalb war Tiger King auch in einigen Ländern fast ein ganzes Monat lang auf Platz 1 der Netflix Top 10. Es kann also schon stark vermutet werden, dass das “Top 10” – Feature zusätzlich zum Erfolg einer Serie beiträgt.

Allerdings sind nicht nur die ganzen Memes ein Resultat genau diesen Erfolges. Der Zoo, der ehemals Joe Exotic gehört hat, wurde nach Release der Serie beinahe überrannt mit Besucher*innen, bis er Corona-bedingt schließen musste. Weltweit löste die Serie aber auch große Diskussionen zum Thema ‘Haltung von Großkatzen’ und derartigen Zoos in den USA aus. Ein Paradebeispiel für den Netflix-Effekt.

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Im Grunde soll der Begriff also ausdrücken, dass es Netflix als Number 1 Streaming Portal der Welt mittlerweile mehr oder weniger über Nacht schafft, Dinge erfolgreich zu machen und die Themen in den Mittelpunkt zu rücken. Das kann zum Beispiel der plötzliche Fame eines zuvor unbekannten exzentrischen amerikanischen Großkatzen-Besitzers oder aber auch die plötzliche Wiederkehr eines Jahrhunderte alten Brettspiels sein.

Produkte in Netflix-Serien zu platzieren ist ein guter Schachzug (sorry.)

Besonders spannend ist es auch, wenn Dinge nach Release einer Netflix-Serie passieren, die eigentlich ziemlich unerwartet sind. Die Netflix-Erfolgsserie “The Queen’s Gambit” ist dafür nur ein Beispiel. In der Serie geht es um das Leben des Schachtalents Beth Harmon in den 50er Jahren, und wie sie die männerdominierte Welt des Schachs erobert.

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Falls du dir auch die Ende 2020 herausgekommene Serie angeschaut hast, hast du bestimmt auch nicht nur einmal überlegt, ob du denn jetzt anfangen sollst, Schach zu spielen. Dabei warst du bei Weitem nicht die einzige Person, denn die Verkaufszahlen von Schachbrettern sind seit dem Release von “The Queen’s Gambit” massiv nach oben gegangen.

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Völlig verständlich eigentlich, weil Beth Harmon schon unglaublich cool ist und Schach vor der Serie für viele vermutlich einfach nicht auf der Bildfläche war. Sidenote: Auch in der E-Gaming und Streaming-Welt wurde und wird Schach seit dem Release der Serie groß gefeiert.

Wenn man da jetzt mal drüber nachdenkt, kommt man eigentlich recht easy zu folgendem Schluss: Netflix hat mittlerweile eine oage Macht. Auch was den Handel angeht. Wenn ein Produkt eine coole Nebenrolle in einer erfolgreichen Netflix-Serie spielt, kann man sich also fast sicher sein, dass seine Verkaufszahlen steigen werden. Oder zumindest das generelle Interesse an dem Produkt steigen wird. Vorausgesetzt natürlich, dass die Serie kein Flop ist.

 

Das kann man übrigens recht gut über Google Trends nachvollziehen, wo man sehen kann, wann gewisse Suchbegriffe ein Hoch erleben. Zu Release der französischen Serie Lupin stiegen zum Beispiel die Google-Suchen nach der fiktiven Figur Arsène Lupin so an wie seit mindestens 15 Jahren nicht mehr.

 

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Überlegungen dazu, ob diese Tatsache in Zukunft von Firmen mehr genutzt werden wird, um ihre Produkte zu vermarkten, oder dies vielleicht sogar schon gemacht wird, lassen wir hier mal einfach mal offen.

Von Kostümdesigner*innen zu Trendsetter*innen

Von der Serie Bridgerton hast du doch bestimmt auch schon gehört, oder? Bridgerton ist eine Netflix-Serie, die in der Ballsaison der High Society im London des Jahres 1814 spielt. Gut, eine Art Gossip Girl in der britischen Regency-Ära klingt ja so schon nach einem Erfolgsrezept, und das war es auch. Es ist eine der meistgesehenen Netflix-Originalserien überhaupt. Tiger King und The Queen’s Gambit übrigens auch.

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Auf TikTok wurden nach Release der Serie nicht nur die eine oder andere Szene nachgespielt und mit dem Bridgerton-Soundtrack hinterlegt, sondern auch viele Fashion Designer*innen wurden von den pompösen Kostümen der Serie inspiriert. Ein ganz besonderer Trend, der daraus entstanden zu sein scheint, ist das Comeback des Korsetts (modernisiert natürlich).

@by_ellamayMaking my tapestry corset / bodice one of one #byellamay #handmadecorset #bridgerton #bridgertoncorset #regencycore #regencycorset #tapestrycorset♬ Addicted – Jorja Smith

Mit Bridgerton ist dieser Fashiontrend in die großen Modehäuser eingezogen und hat mittlerweile sogar seinen eigenen Namen bekommen: Regency-Core (ja, so wie Cottage-Core nur auf London um das Jahr 1814) Sogar die Vogue hat darüber berichtet. Und wenn Anna Wintour mal ihren Stempel auf was gedrückt hat, will das ja bekanntlich was heißen. Selbst in der Haute Couture-Mode fanden Regency-Elemente wie Perlenketten, lange Seidenhandschuhe und Kleider, angelehnt an die Bridgertons, Einzug.

Man kann also auf jeden Fall sagen, dass die Kostümdesigner*innen von Netflix-Serien sich mittlerweile eigentlich auch als echte Trendsetter*innen bezeichnen können.

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Netflix hat also tatsächlich einen größeren Einfluss auf die Themen, über die wir sprechen und die Dinge, die wir kaufen, als man glauben würde! Eine ganz schön große Verantwortung, irgendwie. Netflix scheint sich dessen auch immer bewusster zu werden und versucht, damit bestmöglich umzugehen, denn es kam tatsächlich schon einige Male vor, dass ihr Content im Nachhinein aufgrund von einer Vielzahl negativer Rückmeldungen adaptiert wurde.

 

Auf jeden Fall ist es immer irgendwie cool, Teil eines großen Netflix-Hits zu sein und alles mitzubekommen, was im Internet rund um die Serie so passiert. Es kann dabei schon vorkommen, dass sich die ganz film- und serieninteressierte Welt für eine Zeit lang auf eine gewisse Art und Weise wie eine Gemeinschaft anfühlt.

Der Netflix-Effekt hat bestimmt alle Menschen, die Serien schauen, schon in irgendeiner Form beeinflusst. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so deutlich erkennbar ist. Da wird einem Mal wieder klar, wie viel Serien und Filme wir schauen und wie sehr wir uns mit deren Geschichten oft identifizieren können. Ich bin jedenfalls schon gespannt darauf, welche Serie uns als Nächstes in seinen Bann ziehen wird. Du findest mich dann fix in meiner bequemsten Jogginghose Chips kauend auf der Couch!

Über die Autorin, Maria

Tätig in kreativen Bereichen aller Art, meistens jedoch hinter ihrer Kamera oder vor ihrem Laptop beim Ausdenken oder Finden neuer Geschichten, die zu erzählen sind. Sie ist fasziniert von Menschen und warum sie so sind, wie sie sind und lässt so gut wie keine Filmfigur unanalysiert.