Hinter den Bergen: Manifestieren auf Österreichisch

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Ja, auch wir in Österreich denken an die Zukunft! Wir leben ja nicht hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen. Also zumindest meistens nicht. Wir sorgen uns um die Zukunft und fragen uns: Wie wird das Leben auf dieser Welt in zehn, zwanzig, dreißig Jahren sein? Die Klimakrise, Ungerechtigkeit und fehlende Gleichstellung treibt die Menschen an. Viel muss sich möglichst schnell ändern. Bei der Umsetzung hakt es aber gewaltig.

Lieber beruhigen wir uns selbst erst mal damit, dass das schon alles irgendwie von allein wieder wird und schieben Entscheidungen auf. Warum ist das so?

 

Von heuchlerischem Optimismus…

 

Beginnen wir beim österreichischen Optimismus. Er ist grenzenlos, kommt komplett ohne Argumentation aus und zählt zur österreichischen Kultur genauso wie der Apfelstrudel und der Verlängerte. Ein paar Beispiele für ganz typische, pseudo-optimistische Aussagen in diesem Land:

 

“A des passt, schau!”

“Das geht sich locker aus!”

“Passt!”

“Wird, schau!” 

“Des is a gmahde Wiesn!” 

© BAM! | Marietta Dang

Obwohl wir tief im Herzen natürlich wissen, dass das kompletter Blödsinn ist, bringen wir es trotzdem voller Überzeugung über die Lippen. Dass es sich eigentlich gar nicht ausgehen kann, dass es sicher keine gmahde Wiesn ist und dass sicher nicht alles passen wird, ist dabei nebensächlich. Wir verhaften uns lieber in einer trägen Entschleunigung-ähnlichen wird-schon-alles-werden-Philosophie. Nach dem Motto: Was man oft sagt, passiert.

Es ist ein bisschen so, wie wenn man betet, ohne an etwas zu glauben. Aber naja, eine gute Einstellung kann ja nicht schaden, oder? Das Problem am Pseudo-Optimus ist, dass er verführerisch ist. Es bietet sich an, ihn dafür zu missbrauchen, sich Problemen nicht stellen zu müssen. So redet man sich lieber ein, dass schon alles irgendwie passen wird. Weil vielleicht ist es ja auch so, wer weiß das schon?

© BAM! | Marietta Dang

…über herzhaften Pessimismus

 

Komplett konträr dazu steht der ebenso weit verbreitete kollektive Pessimismus in der österreichischen Bevölkerung. Auf den ersten Blick mag das nicht zusammenpassen. In Wahrheit ist doch nichts typischer für dieses Land, als seine Widersprüchlichkeiten. 

Naja. Ich schweife ab. Neben dem komplett unbegründeten Optimismus neige auch ich parallel zum automatischen Pessimismus. Ich versuche ihn mir abzutrainieren, weil er ziemlich geschäftsschädigend ist, aber er ist tief verankert. Will jemand etwas von mir, bin ich versucht, den Auftrag direkt mit einem “Na des geht sicha net!” im Keim zu ersticken.

Dahinter steckt eine waschechte Lebensphilosophie. Man würde ja gerne, wenn man nur könnte, wenn es möglich wäre und man überhaupt selbst für Aufgaben zuständig wäre. Aber dem ist halt leider einfach nicht so. Man bedauert. Sagt darum Sachen wie:

“Na, des geht net!” 

“Des wird sowieso nix!” 

“Sowas machen wir net!” 

“Damit können Sie sich abbrausen gehen!” 

“Des hat no nie klappt!”

… hin zu ehrlicher Verdrängung 

 

Ein großer Vorteil dieser Lebensphilosophie zeichnet sich dadurch aus, dass man sich die Mühe und Anstrengungen für dieses und jenes gleich sparen kann, weil man sowieso scheitern würde. Ich kenne das von mir selbst ganz gut. Ich bin entweder eine komplette Optimistin oder eine komplette Pessimistin. Dazwischen gibt es nichts.

 

© BAM! | Marietta Dang

Gähnende Leere in der österreichischen Seele. So schwankt man zwischen den Polen zwischen alles machbar und alles für die Fisch. Da soll sich noch jemand auskennen. Und trotzdem sorgen wir uns aber um die großen Themen. Also jetzt dann, nachher, gleich amal!

Über die Autorin, Eva

Eva Reisinger wuchs irgendwo im Nirgendwo in Oberösterreich auf. Sie war Österreichkorrespondentin für das junge Magazin des ZEIT-Verlags, kann einen Doppelliter Bier anschreien und am 14. Jänner erschien ihr erstes Buch „Was geht, Österreich?“. Sie lebt als freie Autorin in Wien.