Wie es ist während der Krise ein Album rauszubringen: Rapper Wal de Mar im Interview

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Wer könnte einen Rapper wohl besser interviewen als ein Konzertveranstalter und Musikexperte? Wohl nicht viele. Genau deshalb haben wir uns an Marc vom Kollektiv 808Factory, einem der bedeutendsten Veranstalter der Wiener HipHop Szene gewendet als wir die Idee hatten, Rapper Wal de Mar für eine kleine Fragestunde zu gewinnen. Marc hat den jungen Musiker für uns zu seinem neuen Album „WDM“, dem Künstlerdasein in Krisenzeiten und seinen Zukunftsplänen befragt und ihm ein paar interessante Details entlockt.

Marc: Wie fühlt es sich an, nach all den Jahren endlich dein erstes Album präsentieren zu können?

Wal de Mar: Befreiend, da ich das Album schon relativ lange mit mir rumtrage. Jetzt kann ich mich auf neue Projekte fokussieren.

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Marc: Thematisch wandelt das Album zwischen Herzschmerz, aufflammender Liebe, aber auch selbstkritischen und nachdenklichen Songs. War es dir wichtig, ein persönliches Album abzuliefern?

Wal de Mar: Yes, ich wollte ein Album machen, das mich und meine Gedankenwelt widerspiegelt, vor allem weil es mein erstes Album ist. Sowohl inhaltlich als auch soundtechnisch wollte ich, dass es mich repräsentiert, weshalb auch verschiedene Einflüsse darauf zu hören sind.

Marc: Das stimmt. Das Album ist musikalisch echt vielfältig und kein klassisches HipHop/Trap Album. Du setzt sehr auf deinen eigenen Sound, was man zum Beispiel bei „Karriere“ raushören kann. Bemerkenswert ist auch dein „Wir sind Helden“ Cover von „Denkmal“. Wie kam der Song zustande?

Wal de Mar: Ich hab das Original von „Wir sind Helden“ bei einem Kumpel zuhause mal seit längerer Zeit gehört und mir direkt aufgeschrieben, dass ich das mal sampeln muss. Daheim habe ich dann die Melodie mal eingespielt und einen Beat darunter gelegt und hab dann aus Spaß ein kurzes Video aufgenommen, bei dem ich den Text vom Original singe und ein paar Leuten geschickt. Dann hab ich gemerkt, dass das eigentlich ganz gut so funktioniert und hab dann einfach mal komplett die Lyrics übernommen und aufgenommen. Dass ich das cover, war also anfangs gar nicht die Intention, das hat sich dann einfach so ergeben.

Marc: Die Videos, die du bisher veröffentlicht hast, sind alle professionell gedreht und haben ein Konzept. Glaubst du, hat dich die Möglichkeit komplett über deinen Sound zu bestimmen, als Künstler reifen lassen?

Wal de Mar: Ich konnte ja eigentlich eh schon immer über meinen eigenen Sound bestimmen, da ich nie gesignt [unter Vertrag, Anm. d. Red.] war. Das heißt, ich hab nicht den Vergleich, wie es wäre, wenn man bei einem Label gesignt ist und gesagt bekommt, was taugt und was nicht. Auf jeden Fall habe ich gemerkt, dass ich meinen Sound so langsam finde, aber ich bin noch nicht dort, wo ich sein will.

Marc: Neulich habe ich in deiner Story gesehen, dass dir jemand mit asiatischen Wurzeln geschrieben hat, dass er es extrem feiert, dass jemand mit asiatischen Wurzeln so fleißig Musik macht. Wie ist es für dich als in Hong Kong geborener, in Deutschland aufgewachsener und in Wien lebender Musiker? Gibt es vermehrt Rückhalt aus der asiatischen Community?

Wal de Mar: Ich merke jetzt nicht sonderlich viel Rückhalt aus der asiatischen Community, aber das liegt wahrscheinlich auch daran, dass ich mich nicht in dieser Community bewege und dass sie wahrscheinlich auch nicht so groß ist… und dass ich halt leider auch kein chinesisch spreche haha. Ich wurde allerdings schon ein paar Mal von asiatisch-stämmigen Menschen angeschrieben und sie meinten, dass sie es feiern, dass ich Asiate bin und Mukke mach und dass sie auch die Mukke an sich feiern. Ich sehe es auch gerne, wenn andere Asiaten Mukke machen, das finde ich richtig und wichtig. Als Asiate in Deutschland aufzuwachsen ist schon weird, es gibt halt einfach kaum Vorbilder im Fernsehen und wenn, dann werden sie meistens als Klischees dargestellt. Auch das hoffe ich, ändern zu können und ich möchte den Kids da draußen das Gefühl vermitteln, dass sie machen können und sein können, wer und was sie wollen. Lasst euch nicht von der Gesellschaft einen Stempel aufdrücken, dass ihr nicht dies oder das sein dürft!

Marc: Wie geht es dir als Musiker mit der aktuellen Situation und was denkst du, wie die Leute dein Album in diesen Krisenzeiten aufnehmen?

Wal de Mar: Mir geht es ganz gut soweit, ich bin leider unproduktiver als ich sein sollte, aber das wird schon wieder. Ich denke, dass das Release des Albums zu diesem Zeitpunkt eigentlich auch ganz gut ist. Da es meiner Meinung nach ein Album ist, was man sich in Ruhe geben sollte, mit Kopfhörern auf oder auf chillig mit Freunden an der Donau (mit Abstand natürlich ;D) und es somit kein Party-Banger-Ausrast-Sauf-Album ist. Ich wollte es auch jetzt releasen, da diese Zeit für mich sehr prägend und weird ist, genau wie mein Album es auch für mich ist.

Wal de Mars erstes Album „WDM“ ist am 1. Mai 2020 erschienen. Kanntest du den jungen Musiker bereits?

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