The Beauty and the Bad: Tätowierer*innen erzählen uns von ihren besten und… interessantesten Erfahrungen

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Heutzutage werden Tätowierungen erfreulicherweise immer mehr normalisiert. Was einmal ein No-Go war, ist heute fast schon ein Must-have. Wir haben sneakysketch, tattoosby.kelly, tobithetattooer, strandedghost und lolweib_ink nach ihren schönsten und komischsten Erfahrungen in ihrem Beruf gefragt und sie haben kein Blatt vor den Mund genommen.

The Beauty: Tattoos für einen guten Zweck

 

„Es ist immer schön, wenn wir im Studio etwas Positives bewirken können, das darüber hinausgeht, unsere Kund*innen glücklich zu machen.“

Tobi the Tattoer ist Teil des Tattoostudios Hyperhuman Tattoo. Wenn er nicht gerade in Wien tätowiert, reist er um die Welt, um in verschiedensten Studios Gast-Spots zu belegen. Sein schönstes Erlebnis: 

„Wir haben einmal bei einem Flash Day Spenden für den Afghanischen Frauenverein gesammelt und dabei Tausende von Euro zusammen bekommen. Bei einer anderen Aktion habe ich mit Designs von Meerestieren, die ich als Tattoo Flashes angeboten habe, auch zweitausend Euro an Spenden für Sea Shepherd gesammelt.“

The Bad: Von Thug Life Austria bis hin zur Boulevardzeitung

 

„Zu Weihnachten 2020 durfte ich ein Motiv, das einen Politiker als Karikatur mit Teufelshörnern darstellt, tätowieren. Das Tattoo wurde dann auf der Instagram Meme Seite Thug Life Austria geteilt. Dadurch wurde dann eine Gratiszeitung auf das Tattoo aufmerksam und hat einen Artikel veröffentlicht. Das war recht lustig, hätte nie gedacht, dass ein Tattoo von mir in einer österreichischen Boulevardzeitung erscheint. Der Kunde, der das Tattoo bekommen hat, ist mittlerweile Stammkunde und wir verstehen uns prächtig.“

© BAM! | Marietta Dang

The Beauty: Freundschaften, die unter die Haut gehen

 

Luna Pichler ist Teil des Tattoostudios Syndicat in Wien. Motive, die ihre Flash Sheets immer wieder schmücken, sind bekannte Manga- und Anime-Charaktere sowie Comic Karikaturen. Als positive Erfahrung hat sie Kundenzufriedenheit und neue Freundschaften im Kopf:

„Jedes Mal, wenn der*die Kund*in glücklich in den Spiegel sieht, ist es eine positive Erinnerung für mich. Außerdem habe ich durch das Tätowieren viele Freundschaften geschlossen!“

The Bad: Nope zu dieser Anfrage!

 

Manchmal bekommt sie jedoch auch merkwürdige Anfragen, diesen schenkt sie aber keine Beachtung:

„Einmal wollte ein Kunde sich auf seinen Nacken großflächig das Wort ‚Criminal‘ tätowieren lassen und dazu eine AK-47. Das habe ich natürlich abgelehnt.“

© BAM! | Marietta Dang

The Beauty: Noten, die zum Lächeln bringen

 

Kelly Jacoby ist im Studio True Canvas in Wien tätig. Die Linework-Queen ist eine sehr bekannte und beliebte Tätowiererin, die mit ihren zartgestochenen Tattoos begeistert. Sie erzählt von einer sehr besonderen Anfrage: 

„Ich habe mal eine Anfrage von einer Kundin bekommen, die 3 Takte aus einem Musikstück tätowiert haben wollte, welche den ganzen Unterarm verzieren. Sie ist eine leidenschaftliche Klavierspielerin und es war das größte Kompliment, dass sie mich ausgewählt hat, um ihr Lieblingsstück auf ihrer Haut zu verewigen.“

The Bad: Hungrig zum Tattoo-Termin?

 

Eine unangenehme Erfahrung, die Kelly schon öfter erlebt hat, ist, wenn Kund*innen sich nicht auf ihren Termin vorbereiten. Gut ausgeschlafen, mit vollem Magen und hydriert zum Tätowieren zu kommen ist ein Muss:

„Eine Studienkollegin hatte einen Kunden, der sein erstes Tattoo bekommen hat und vorher nichts gegessen. Er ist beim Aufstehen einfach wie ein steifes Brett nach hinten gefallen und lag in der Mitte vom Studio. Es ist zum Glück nichts passiert. Aber vertraut eurem*eurer Tätowierer*in, wenn er*sie sagt, dass ihr vorher was essen solltet!”

The Beauty: Flashday, das neue Tinder?

 

Stranded Ghost legt den Fokus ihrer Arbeiten auf dreamy, abstrakte Flashes, die teilweise an Studio Ghibli Filme erinnern. Für sie war das schönste Ereignis in der Berufswelt zwei Liebende zusammenzubringen: 

„Ein süßes Ergebnis ereignete sich während eines Flash Days, den ich vor ein paar Jahren in einem Lokal veranstaltete. Im Nachhinein erfuhr ich von einer Kundin, dass sie ein Mann anschrieb, der auch dort ein Tattoo bekam. Die zwei sind heute noch ein Paar.“

The Bad: Wer tätowiert sein will, muss leiden!

 

Geschockt war die Tätowiererin jedoch, als ein Kunde den Tattoo-Schmerz schroff an ihr ausließ: 

„Ich durfte einen Kunden tätowieren, der derart überrascht vom Schmerz war, dass er mich als Sadistin beschimpfte und es “krank” fand, dass ich mir so einen Beruf aussuche. Es war nicht mit einem Augenzwinkern, sondern wirklich ein Angriff.“

The Beauty: Gästeliste-Platz gesichert

 

Randy ist bei Hyperhuman Tattoo tätig. Abstraktion und Diversität bilden den roten Faden der Flash Sheets. Randy hat aufgrund des Tätowierens tolle Bekanntschaften gemacht:

„Einmal habe ich eine Person aus Kanada tätowiert, die zu diesem Zeitpunkt mit ihrer Band auf Tour in Europa war. Da habe ich ihr erzählt, dass ich auch immer wieder Bands nach ihrem Auftritt in meiner Wohnung übernachten lasse. Es hat sich herausgestellt, dass einer ihrer Freunde das Angebot schon angenommen hat. Die Connection fanden wir so witzig, dass sie mich auf die Gästeliste für das Konzert geschrieben hat.“ 

© BAM! | Marietta Dang

The Bad: Idyllische Healed-Pictures

 

Zu der Frage, was für komische Situationen Randy im Beruf widerfahren sind, fällt Randy ein ganz bestimmtes Foto ein: 

„Ich sag‘ nach dem Termin meistens dazu, dass ich mich freuen würde, wenn mir Kund*innen Fotos des verheilten Tattoos schicken. Idealerweise bei Tageslicht und in guter Qualität, sodass man das Tattoo eben gut erkennen kann. Die Ergebnisse? Dunkle Strandfotos oder Ähnliches.“

Tätowierer*innen haben, weil sie den Kund*innen wortwörtlich nahe stehen, super interessante Geschichten zu erzählen. Ob komisch, romantisch oder bizarr – wir können davon nicht genug bekommen. Falls du eine spannende Tattoogeschichte für uns hast, schreib’ uns gerne: redaktion@bam-magazin.at.

Über Su

Die gebürtig türkische Wienerin ist aus der grünen Donaustadt ins gut-duftende Favoriten übersiedelt, um ihrer Leidenschaft, dem visuellen Storytelling, nachzugehen. Mit einem großen Sinn für Gerechtigkeit und einem Gespür für Menschen ist es ihr besonders wichtig zu lernen, wie man Emotionen authentisch einfängt und auf sozio-politische Themen künstlerisch aufmerksam macht. Ihre aktuellen Projekte kann man unter @lautestimmen verfolgen.