Womit verändert ihr die Welt, Dialog im Dunkeln?

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Eva-Maria Kriechbaum ist Geschäftsführerin von Dialog im Dunkeln, einem Projekt, das mit Führungen durch eine Ausstellung im Dunkeln versucht, die Welt von blinden oder sehbehinderten Menschen ein bisschen greifbarer zu machen. Anhand von vier Objekten erklärt uns Eva, wie sie die Welt dadurch ein kleines Stückchen verändert.

Der Blindenstock als Zeichen dafür, aufmerksam zu sein

Was vermutlich selbsterklärend ist, aber von Eva hervorgehoben werden möchte, ist der Blindenstock. Er ist ein internationales Erkennungszeichen für blinde und sehbehinderte Menschen. Wenn man jemanden auf der Straße damit sieht, weiß man als Außenstehender sofort, dass man Rücksicht nehmen muss. Auch für das Dialog im Dunkeln Projekt ist der Blindenstock ein wichtiger Begleiter. Während der Führungen durch die Ausstellung ohne Licht bekommen die Teilnehmer*innen auch einen Blindenstock zur Verfügung gestellt und lernen dabei wie man den Stock verwendet und was dieser für Betroffene bedeutet.

© BAM! | Christopher Hanschitz

Grundsätzlich sind die Gründe, weswegen jemand die Führung durch die dunkle Ausstellung macht, ganz unterschiedlich, sagt Eva. Manche machen das zur Unterhaltung, andere weil sie eine neue Erfahrung machen wollen. Oft steht auch einfach der Austausch mit anderen im Vordergrund oder man will sich schlicht selbst besser kennen lernen. 

© BAM! | Christopher Hanschitz

„Im Endeffekt ist es eine horizonterweiternde Erfahrung, die man machen kann oder sogar sollte.“

Eine kaputte Glühbirne, die für die Dunkelheit steht

„Wir machen das Licht aus, damit anderen ein Licht angeht.” Mit dieser Metapher erklärt Eva das zweite Objekt, das sie mitgebracht hat: eine kaputte Glühbirne, die für die Dunkelheit steht. Das was sie tun, sei eigentlich nichts Weltbewegendes, meint Eva. Im Gegenteil, es ist sogar sehr einfach. Die Besucher*innen werden in eine Situation versetzt, mit der sie bisher noch nicht vertraut waren und lernen in der Zeit der Führung damit umzugehen. „Eine Stunde lang gehen sie in den Schuhen anderer Leute.”

© BAM! | Christopher Hanschitz

Die Reaktionen der Teilnehmer*innen sind meist recht unterschiedlich. Den wenigsten ist es egal; es macht irgendwie mit jedem etwas, erklärt Eva. Die Guides, die durch die Ausstellung führen, sind entweder blind oder sehbehindert und für viele, gerade für Schüler*innen, ist das tatsächlich der erste Kontakt zu jemanden mit so einer Beeinträchtigung. Dialog im Dunkeln versucht hier also Barrieren zu überwinden und Berührungsängste zu nehmen.

© BAM! | Christopher Hanschitz

Mit einer Kaffeetasse Alltägliches neu erleben

Die letzte Station der Führung ist immer die Dunkelbar und dafür steht auch die Kaffeetasse. Es geht bei Dialog im Dunkeln, wie Eva wieder betont, nicht um die außergewöhnlichsten Erfahrungen, sondern viel eher um die alltäglichen. Also, in ein Café gehen,einen Kaffee bestellen und diesen „erfolgreich” trinken. 

Grundsätzlich schätzt Eva die Alltagsbewältigung für blinde Menschen in der Stadt einfacher ein als am Land. Wien zum Beispiel sei hier sehr weit fortgeschritten und ermöglicht es blinden oder sehbehinderten Menschen, sich einigermaßen mobil und selbstständig fortzubewegen.

© BAM! | Christopher Hanschitz

Mit dem Funkgerät in Kontakt sein, sich austauschen

Die Guides, die bei Dialog im Dunkeln arbeiten, brauchen keine großen Gerätschaften für ihren Job, aber sie haben ein Arbeitsutensil und zwar das Funkgerät. Das Funkgerät ist täglich im Einsatz, denn falls jemand Unterstützung während der Führung braucht, kann er diese darüber anfordern. „Ansonsten wollen wir, dass sich die Teilnehmenden auf die Führung konzentrieren und sich eine Stunde lang nur mit den Guides und den anderen Leuten in der Gruppe austauschen. Handys müssen – auch weil sie Licht erzeugen können – beispielsweise vor Beginn abgegeben werden.”

© BAM! | Christopher Hanschitz

Ursprünglich wurde Dialog im Dunkeln zur Arbeitsplatzschaffung für blinde und sehbehinderte Menschen gegründet. Das ist in den letzten Jahren allerdings etwas in den Hintergrund gerückt. Vielmehr will Dialog im Dunkeln auf die Lebensrealitäten von anderen Menschen aufmerksam machen und den Besucher*innen der Führungen zeigen, dass Blindheit einen Menschen nicht definiert, sondern lediglich eine Eigenschaft ist, so wie jede andere Eigenschaft, die eine Person eben besitzt.