Feeling left out – Was passiert, wenn sich Freundschaften nicht mehr richtig anfühlen

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Freundschaften sind eine schwierige Angelegenheit. Seien es die aus der Kindheit, aus dem Studierenden-Leben oder aus der Arbeit. Es ist nicht immer ein Leichtes, auch wirklich glücklich in Freundschaften zu sein. Vor allem, wenn man sich ausgeschlossen fühlt.

Denk ich einfach zu viel nach?


Das Gefühl, sich langsam von der eigenen Freundesgruppe zu distanzieren, habe ich persönlich schon in vielen verschiedenen Konstellationen erlebt. In der Einsamkeit zu schwelgen und jeden menschlichen Kontakt zu relativieren, weil irgendetwas nicht stimmt. Fast schon so, als ob ich in der Zeit stehen geblieben wäre, während der Rest meiner Freund*innen weitergeht, ohne zurückzuschauen.

”Sind das echte Freundschaften?” Diese Frage ist mir ständig durch den Kopf gegangen. Natürlich würde ich das mit den eigenen Freund*innen besprechen wollen, aber wenn es genau darum geht, die eigenen Freundschaften zu hinterfragen, ist es eher unangenehm. Oder denk ich einfach zu viel darüber nach?

© BAM! | Lucas Nguyen

Für mich war es schwer zu erkennen, ob mein Freundeskreis und ich sich langsam auseinanderleben oder ich einfach ausgeschlossen werde. Aber wie soll ich so etwas denn erkennen? Um ehrlich zu sein: Ich weiß es nicht. Ich glaube, niemand weiß das so wirklich.

Das dritte Rad am Wagen

Auch wenn es ein Klischee aus Romantic Comedies ist, hat sich bestimmt jeder schon mal in Freundesgruppen wie das dritte Rad am Wagen gefühlt. Dabei zu sein, aber irgendwie nicht dabei zu sein. Irgendwie keine fixe Position in der Gruppe zu haben. Sich mit jedem zwar zu verstehen, aber nicht wirklich eine Verbindung aufzubauen. Das Gefühl schmerzt.

Versuche, mich irgendwie einzufinden, schlagen fehl und die Kluft in der Freundschaft wird immer größer. Der Kontakt bricht langsam ab, es werden weniger Textnachrichten ausgetauscht und Treffen beschränken sich auf zufällige Aufeinandertreffen, um “Small Talk” zu führen, obwohl klar ist, dass diese Freundschaft keine Freundschaft ist. Wenn der Kontakt dann aber letztendlich zerbricht, wird es auf das “Auseinanderleben” oder die “Interessens-Differenzen” geschoben.

Ich denke, so konnte ich in etwa erkennen, dass ich nicht mehr wirklich erwünscht war. Aber warum wird das so gehandhabt? Warum wird nicht ehrlich kommuniziert? Warum werden Monate oder Jahre damit verbracht Leute zu ghosten? 

© BAM! | Lucas Nguyen

Ist Schlussmachen in Freundschaften ok?



Warum lässt man die Freundschaft langsam verrotten, wenn man sie einfach beenden kann, ohne durch das ganze depressive Rätsellösen zu gehen. Immerhin gibt es die Redewendung „das Pflaster schnell abzureißen und nicht langsam“ nicht umsonst.

Für mich war es schlimmer, darüber zu grübeln, ob ich dazugehöre, als im Endeffekt zu akzeptieren, dass diese Freundesgruppe mich nicht mehr dabei haben will. Warum ist es so, dass man in Sachen Freundschaften trotz allem nicht offen kommunizieren kann, wie man sich wirklich fühlt? Sollten Freundschaften nicht genau dafür existieren, dass man über alles reden kann?

© BAM! | Marietta Dang

In den eigenen Gedanken verloren sein

Ich glaube, es ist recht offensichtlich, was im Laufe dieser nie-endenden Spirale auf einen zukommt. Ich habe begonnen, nicht nur an der einen Freundschaft zu zweifeln, sondern habe alle Freundschaften hinterfragt, die ich je besessen habe oder noch besitze. Ich habe begonnen, mich selbst zu fragen, ob ich überhaupt Freund*innen habe oder das alles nur “Bekannte” sind.

Natürlich habe ich dann begonnen, mich mit Freundschaften anderer und aus den Medien zu vergleichen. Würde diese Freundin für mich ins Feuer springen? Was bedeutet Freundschaft überhaupt? Langsam hat jede Art von menschlicher Bindung begonnen, künstlich zu wirken, und ich habe mich auch immer weiter von engen Verbindungen entfernt. Was bleibt: Oberflächliche und fragile Beziehungen, die kurz davor sind abzubrechen und ich bleibe alleine zurück.

Es ist ein Auf und Ab


Dieser Zustand ist nicht stetig, manchmal finde ich mich selbst immer wieder in dieser Spirale, aber zu anderen Zeitpunkten genieße ich auch einfach den sozialen Kontakt, ohne mir darüber Sorgen zu machen, was echt ist und was nicht. 

© BAM! | Lucas Nguyen

Diese Erfahrungen haben meine Perspektive und Werte in Bezug auf Freundschaften drastisch verändert. Ich habe gelernt, dass es vollkommen natürlich ist, dass sich Freundeskreise verändern, enden und wieder belebt werden. Vor allem weil die gemeinsamen Momente und die Zeit, die man teilt, Freundschaften zu dem machen, was sie sind.

Denn im Endeffekt macht es keinen Unterschied, ob wir Freund*innen, Partner*innen oder Bekannte sind. Was zählt, sind doch einfach die Minuten und Sekunden, die man miteinander verbringt, um Erinnerungen zu schaffen. 

Über Lucas

Ist in Wien geboren und aufgewachsen, wurde jedoch irgendwann in die Untiefen des mysteriösen Niederösterreichs geschleppt und lebt seither dort. Mit einem großen Lächeln und einem Gespür für sozio-politische Angelegenheiten, gibt er sich ganz dem Fotografieren, Schreiben und Kreieren hin. Mehr von ihm findest du hier: @lucasnguyenp