How To: Wie du dich auf deine erste Gehaltsverhandlung richtig vorbereitest

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Alles andere als beliebt, aber vermutlich Teil deiner gesamten beruflichen Karriere: Gehaltsverhandlungen. Laut einer Studie der Online-Jobbörse StepStone in Österreich von 2017 fällt es 57% der Österreicher*innen schwer, Gehaltsverhandlungen zu führen. Wir haben deshalb für dich nützliche Tipps für deine erste oder nächste Gehaltsverhandlung, die wir mit der Unterstützung von der Gender Expertin Dr. Marita Haas und Mag. Melanie Kocsan von der Arbeiterkammer Wien zusammengestellt haben. 

Ein kurzer Disclaimer noch zu Beginn: Unsere Tipps sind für alle geeignet, ganz unabhängig vom Geschlecht. Die anfangs bereits erwähnte Studie zeigt aber, dass Frauen was Gehaltsverhandlungen angeht, noch sehr zögerlich reagieren: 44% der befragten Frauen hatten selbst noch nie nach einer gefragt (im Vergleich zu 26% der Männer). Mit unseren Tipps wollen wir dir (egal, ob Frau, Mann oder Divers) einfach ein bisschen Mut zusprechen.

Bevor wir mit den Tipps loslegen, gibt’s aber noch eine kurze Begriffsdefinition, die dir bei deiner Gehaltsverhandlung hilft, auch das Richtige zu kommunizieren:

Monatsbruttogehalt bzw. Jahresbruttogehalt: Das Jahresbruttogehalt setzt sich aus 14 Monatsgehältern zusammen; 13. und 14. sind jeweils Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Ob du in deiner Verhandlung jetzt vom Monats- oder Jahresgehalt sprichst, ist meistens von deinem Vorgesetzten oder von deiner eigenen Formulierung abhängig. Das heißt: am besten immer selbst darauf hinweisen, ob du von einem Gehalt pro Monat oder pro Jahr sprichst.

Brutto oder Nettogehalt: Bei Verhandlungen wird immer vom Bruttobetrag gesprochen, auch in Stellenanzeigen ist üblicherweise das Bruttogehalt angegeben. Nach Steuer- und Sozialversicherungsabzug kommst du vom Bruttolohn zum Nettolohn. Um dir das korrekt auszurechnen, verwende den Brutto-Netto-Rechner der Arbeiterkammer.

 

So, genug von den Definitionen, hier kommen unsere Tipps, wie du dich am besten auf deine Gehaltsverhandlungsgespräche vorbereiten kannst:

1. Kenne deinen eigenen Wert, indem du deine bisherigen Leistungen und Errungenschaften anschaust

Das klingt auf den ersten Blick vielleicht etwas seltsam, aber es wird dir neben den Argumentationspunkten auch selbst durchaus Mut zusprechen. Gerade Frauen neigen dazu, ihren Wert überhaupt zu unterschätzen. Also sieh das für dich selbst als gute Übung an, dir damit vor Augen zu führen, was du bis jetzt geleistet hast, wo deine Skills liegen und in welchen Bereichen du dich verbessert hast. Wenn du vor deinem ersten Bewerbungsgespräch stehst, denk auch einfach an besondere Projekte oder Arbeiten aus deiner Schul- oder Unizeit.

Aber: Der Wert deiner Arbeit ist auf keinen Fall der Wert deiner Person! Bitte versuche, deine Arbeit getrennt von deiner Persönlichkeit zu sehen.

2. Informiere dich, welches Mindestgehalt dir gesetzlich zusteht

Du kannst dich direkt an die Arbeiterkammer oder an die Fachgewerkschaften wenden, um dort zu erfahren, welcher Kollektivvertrag gilt und was in deiner Branche üblich ist. So erfährst du, in welche Gehaltsstufe du mit deiner Ausbildung und deiner Berufserfahrung eingestuft werden wirst und was damit dein Mindestgehalt sein wird. Darauf kannst du dann deine eigenen Gehaltsvorstellungen aufbauen.

Übrigens: Arbeitgeber*innen sind gesetzlich dazu verpflichtet, in jeder Stellenausschreibung anzugeben, wie viel sie bereit sind, mindestens zu zahlen.

3. Recherchiere online, was in deiner Branche üblich ist

Der Gehaltsrechner des Frauenministeriums gibt dir Auskunft darüber, welches Gehalt durchschnittlich in welcher Berufsgruppe und Branche bezahlt wird. Für Berufseinsteiger*innen gibt es den Gehaltscompass des Arbeitsmarktservices, bei dem du Vergleichswerte zu den Gehältern von vielen Berufen findest.

Übrigens: Das Gleichbehandlungsgesetz verbietet es, dass Arbeitgeber*innen für dieselbe oder eine vergleichbare Arbeit Frauen schlechter bezahlen als Männer. “Die Frau hat im Gespräch weniger verlangt, deswegen zahlen wir weniger” gilt hier also nicht.

4. Sprich mit Kolleg*innen und Freund*innen über ihre Gehälter 

Offen über Gehälter mit anderen zu sprechen, fällt vielen von uns noch schwer. Laut einer umfangreichen Studie der Softwarefirma PayScale von 2019 hilft es, den sogenannten Gender Pay Gap (geschlechtsspezifische Lohnunterschiede) zu verringern, wenn in Unternehmen transparent über Gehälter gesprochen wird. Außerdem kannst du so gut einschätzen, was aktuell im Unternehmen üblich ist.

Du musst nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und fragen, “Wie viel verdienst du eigentlich?”. Ein lockeres Gespräch könnte da in etwa so beginnen: “Ich habe einen Artikel über Gehälter in unserer Branche gelesen und bin da auf einen Durchschnittswert von X€ im Monat gekommen. Das scheint mir etwas hoch zu sein. Was meinst du dazu?”

5. Überlege dir eine konkrete Zahl, die du aussprechen möchtest, und mit der du zufrieden bist

Nachdem du alle Informationen beisammen hast, überlege für dich selbst, was dein Minimum ist, mit dem du aus der Verhandlung rausgehen möchtest. Überlege für dich selbst auch eine höhere Zahl, die Verhandlungsspielraum nach unten zulässt. Dieser Aufschlag sollte natürlich nicht zu hoch sein, aber er erlaubt es dir, mit deinen Vorgesetzten – wie der Name schon sagt – zu verhandeln.

Spannen nennen, also beispielsweise “30.000 bis 35.000 Euro brutto pro Jahr”, solltest du am besten vermeiden, denn du wirst mit großer Wahrscheinlichkeit dann sofort das untere Ende erreichen.

Kurzum: Wenn du also mit 30.000 Euro aus der Verhandlung herauskommen möchtest, fordere dann vielleicht konkret ein Jahresbruttogehalt von 35.000 Euro.

6. Sei bestimmend in deiner Gehaltsverhandlung

Auf die Frage, “Welches Gehalt bzw. welche Gehaltsanpassung hast du dir denn vorgestellt?” solltest du also nicht mit “Was ist denn überhaupt möglich?” antworten. “Basierend auf meinen Leistungen stelle ich mir ein Bruttogehalt von 30.000€ im Jahr vor.” wäre also eine bessere Antwort auf die Frage. Das zeigt Selbstbewusstsein.

5. Achte auf die richtige Wortwahl und deine Körperhaltung

Auch wenn du dich im Moment gerade nicht danach fühlst (Stichwort “Fake it ‚til you make it”): Ein selbstbewusster Auftritt kann dir bei deiner Verhandlung weiterhelfen. Richte dich auf, setze dich gerade hin und achte auf den Blickkontakt.

Sprich ruhig und langsam, auch wenn du alles so schnell wie möglich hinter dich bringen möchtest. Vermeide im Konjunktiv zu sprechen, also kein “Wenn es möglich wäre, würde ich gerne so und so viel mehr Geld bekommen… hätte ich mir jetzt so vorgestellt.”

Bonus Tipp: Du kannst eine Gehaltsverhandlung auch mit Freund*innen oder alleine vor dem Spiegel üben.

8. Starte das Gespräch nicht mit einer Entschuldigung!

Denk auch gar nicht erst daran, dich für die Gehaltsverhandlung zu entschuldigen. Sätze wie “Es tut mir leid, dass ich das jetzt anspreche,…”, “Ich kann mir gut vorstellen, dass das Budget vielleicht knapp sein könnte, aber…”, oder “Entschuldigung für die Störung…”. Das alles lenkt nur von deiner Leistung ab, und bei Gehaltsverhandlungen handelt es sich nie um einen persönlichen Gefallen, um den du bittest.

9. Weise auf deine erbrachten Leistungen oder umgesetztes Feedback hin

Zur Vorbereitung hast du dir ja bereits überlegt, welche Leistungen du erbracht hast. Diese kannst du vorbringen. Bitte aber auch nicht den Bogen überspannen: Zu viel Eigenlob stinkt ja bekanntlich.

Was sich auch besonders gut macht, ist, wenn du zeigen kannst, dass du Feedback gut umsetzen konntest. “Das Feedback, dass du mir beim Projekt im Herbst letzten Jahres gegeben hast, hat mir sehr viel gebracht. Ich konnte seitdem hart daran arbeiten, dieses umzusetzen, indem ich (hier führst du einige konkrete Beispiele an) habe.

10. Frag bei einem “Nein” nach, warum das so ist, und was getan werden muss, um dieses in ein “Ja” zu verwandeln

Auch wenn du alle unsere Tipps befolgst und dich super vorbereitet hast, kann es trotzdem natürlich vorkommen, dass du ein “Nein” zu hören bekommst. Lass dich davon nicht unterkriegen, schließlich heißt “Nein” nicht “Nie”.

Lass dich von einer ersten Absage zu deinem Gehalt nicht abschrecken. Hier kannst du dein Verhandlungsgeschick unter Beweis stellen. Auf “Die anderen verdienen das auch nicht”, kannst du mit “Es geht hier aber um mich und nicht die anderen. Bitte lass uns über mich und meine Leistungen sprechen.” antworten.

Frag unbedingt nach, was passieren muss, damit du in ein paar Monaten doch zu deiner Gehaltsanpassung kommen kannst. Vereinbart gemeinsam konkrete Ziele, Meilensteine oder besondere Skills, die du in einem fixen Zeitrahmen erreichen möchtest und auf die du hinarbeiten kannst. Dann weißt du auch gleich, dass du in ein paar Monaten erneut die Chance ergreifen kannst und um eine Gehaltsanpassung fragen kannst. Am besten wäre es, wenn ihr das auch alles schriftlich vereinbart.

 

11. Leg dir auch Alternativen zurecht

Oftmals ist – aus unterschiedlichen Gründen – eine Gehaltsanpassung aktuell einfach nicht möglich, und das liegt auch dann nicht unbedingt an deinem Verhandlungsgeschick. Aber es könnte für dich dennoch andere Optionen geben, die keine monetäre Vergütung darstellen.

Vielleicht kannst du eine vom Unternehmen bezahlte Fort- oder Weiterbildung machen, oder du bekommst andere Benefits wie flexiblere Arbeitszeiten, Rabatte, oder neue Laptops oder Zuschüsse bei Verpflegungskosten. Solche Sachbezüge bedeuten beispielsweise für das Unternehmen meistens steuerliche Vorteile und sind deswegen manchmal leichter umzusetzen als Gehaltsanpassungen.

Allgemein gilt: Wenn du die Befürchtung oder Vermutung hast, dass du bei der Entlohnung (besonders als Frau) benachteiligt wirst, kannst du dich – falls vorhanden – an den Betriebsrat im Unternehmen wenden. Weitere Anlaufstellen sind die Arbeiterkammer, die Gewerkschaft oder die Gleichbehandlungsanwaltschaft. Bei einem Unternehmen mit mehr als 150 Arbeitnehmer*innen darfst du außerdem einen Blick in die Einkommensberichte werfen, aus denen du dann lesen kannst, wo du gehaltsmäßig aktuell stehst.

Ob beim Bewerbungsgespräch oder während deines aktuellen Jobs, die Frage nach dem Gehalt und Gehaltsverhandlungen allgemein sind nie leicht. Trotzdem sind wir davon überzeugt, dass du dich mit etwas Vorbereitung gut auf die Gehaltsverhandlung einstellen kannst.