Hinter den Bergen: Warum Bad Gastein der schönste Ort Österreichs ist

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Ich bekomme manchmal auffordernde E-Mails, endlich über die schönen Seiten des Landes zu schreiben. Okay! In dieser Kolumne gestehe ich nun Bad Gastein meine Liebe. Wer Inspiration für den Sommerurlaub sucht, ist hier richtig. Wer nicht, auch. 

Kaiserin Sisi und ihr Mann Franz Joseph waren hier mehrmals im Urlaub. Liza Minnelli sang hier zu Silvester. Und Falco übernachtete hier. Die Rede ist natürlich von Bad Gastein. Früher nannte man es das Monte Carlo der Alpen. Hier trafen sich die Superreichen. Die prunkvollen Belle-Époque-Bauten und Villen zeugen heute noch von den glamourösen Zeiten.

Ein Wasserfall kämpft sich seinen Weg durch die leerstehenden Gebäude im Steilhang. So erinnert es mich jedes Mal mehr an das Bruchtal in Herr der Ringe als einen Ort im Bundesland Salzburg. 

© Eva Reisinger

Wer den steilen Straßen hinauf folgt und die Lichter des Ortes auftauchen, ist sofort schockverliebt. Zumindest ging es mir so, als ich diesen magischen Ort zum ersten Mal erblickte. Heute ist Bad Gastein nicht mehr der Treffpunkt der Reichen oder besonders glamourös, überzeugt dafür mit seinem morbiden Charme, hippen Versuchen etwas zu starten und zahlreichen Mythen.

Damit meine Kolumne an dieser Stelle nicht nur eine klingende Liebeserklärung an ist, möchte ich einige konkrete Punkte nennen, die Bad Gastein so besonders machen:

Die Architektur 

Es gibt in Österreich keinen vergleichbaren Ort, an dem man derart viele Belle-Époque und alte, leerstehende Hotels anschauen kann. Auf Youtube gibt es Videos, wie es in den verlassenen Hotels aussieht. Bezogene Betten und gedeckte Tische – in Bad Gastein steht die Zeit still.

© Eva Reisinger

Wer am ehemaligen Hotel L’Europe vorbeigeht, glaubt direkt in einem Wes Anderson Film gelandet zu sein und das Grand Budapest Hotel vor sich zu haben. Vor einigen Jahren war im Hotel übrigens noch ein Casino, das eine Zeitreise der Superlative ermöglichte. Zwischen Marmorboden, Kristallleuchter und dem Plätschern des Wasserfalls spielte man Roulette. Leider ist es mittlerweile geschlossen worden, wie so vieles im Ort. 

Der Wasserfall

Entweder man liebt ihn oder man hasst ihn, so heißt es im Ort. Zu hören ist er auf jeden Fall überall. Wer auf der Brücke im Ort steht und die Tröpfchen im Gesicht spürt, kann sich aber nur verlieben. 341 Meter schießt das Wasser nach unten und lässt jegliche Gedanken im Kopf kurz verstummen. 

Sommer, Winter, Frühling und Herbst 

Wer Bad Gastein aus dem Urlaub kennt, war dort vielleicht schon Skifahren. Das ist auch wunderschön und ich empfehle dazu den Graukogel – den Hausberg der Einheimischen. Doch auch ohne Schnee ist es traumhaft schön im österreichischen Bruchtal.

Da der Ort bereits auf 1000 Höhenmeter liegt, eignet er sich auch super als Startpunkt zum Wandern. Entweder das Kötschachtal entlang zum nächsten Wasserfall oder für die Sportlichen rauf zum wunderschönen Reedsee (1831 Meter). 

Bester Strudel in Town 

Auch wer nicht wandern will, muss ins Kötschachtal, denn nur dort gibt es bei der Himmelwand Hütte den besten Strudel der Welt. Dort bäckt die Familie noch selbst und füllt ihn mit Marillen, Topfen, Walderdbeeren, Rhabarber – je nachdem was gerade Saison hat. 

© Eva Reisinger

Thermen Highlife 

Egal, wie verrückt das Wetter spielt (und das tut es in Bad Gastein oft), die Therme ist immer ein guter Ort. Entweder im Kaltwasserbecken oder in der Sauna lässt sich in der Felsentherme der Blick aufs Skigebiet genießen, ohne auch nur einen Zeh bewegen zu müssen.

Einmal Postkarten Ausblick 

Wer so ein richtiges Alpenpanorama sucht, ist in Bad Gastein fast überall richtig. Die Motivierten finden es bei nahezu jeder Wanderung. Die Faulen bringt zum Beispiel die Bahn am Stubnerkogel rauf. Dort erscheint dann eine Gebirgskette, die sogar mich zum Schweigen bringt. Wer nicht so weit gehen oder fahren will, nimmt einfach den Aufzug in der Parkgarage im Ort nach oben und ergattert so seinen Weitblick.

Baden 

Passt das Wetter, liebe ich den Badesee zwischen Bad Gastein und Bad Hofgastein. Schwimmen mit Blick auf die weiß angestaubten Berge hat schon etwas.

Die Hotels

Neben den bereits erwähnten verfallenen Hotels tut sich im Ort seit einigen Jahren auch einiges in Sachen neuen Hotels. Das Miramonte, das Regina und das Haus Hirt sind besonders empfehlenswert und so hipp, dass man es fast nicht aushält. Ersteres verfügt auch über eine tolle Cocktailbar. In der ehemaligen Kaiservilla gibt es heute die besten Drinks im Ort. 

© Eva Reisinger

Viel morbider Charme 

Nicht umsonst hat David Schalko seinen gesamten neuen Roman diesem Ort gewidmet. Der Spielplatz in seinem Buch heißt zwar Bad Regina, doch die Parallelen werden schnell klar. Ein wunderschöner, verlassener Ort, um den sich alle streiten, aber irgendwie trotzdem nichts passiert. 

Wandern im Liegen

Ein nicht allzu langer Aufstieg, aber dafür ziemlich steiler, führt zur Poseralm (1500 Meter). Ich liebe es dort, weil sie den besten Kaiserschmarrn servieren sowie einen Zirbenschnaps, der es ganz schön in sich hat.

In der Hütte nebenan kann man übrigens auch schlafen und so mit einer Pause auf den Gamskarkogel (2.467 Meter) gehen. Achja und es gibt Liegestühle mit Alpenpanorama zum Entspannen bei der Poserhöhe obendrauf. Über den Anstieg darf man sich aber nicht beschweren. Das tat nämlich mein Nebentisch und danach schimpft der Hüttenchef über die Flachländer*innen. 

Back to Spitze 

Wem Bad Gastein allein noch nicht genug Zeitreise ist, besucht am besten das Café Schuh. Da gibt es nicht nur grandiose Mehlspeisen, sondern auch viele Spitzendeckchen, lachsfarben, gemustertes Interieur, Trockenblumen und die beste Pasta. Weil eigentlich ist der Besitzer ja Italiener und bringt seine Gäste mit den immer gleichen Witzen jedes Mal erneut zum Lachen.

Betty’s Bar

Bad Gastein kann verstaubt, morbid und nostalgisch sein. Aber eben auch verdammt hip. So gibt es mittlerweile mit Betty’s Bar ein Tapas Lokal im Zentrum, dessen Flammkuchen und Negroni einen vom Sessel hauen.

© Eva Reisinger

Sexy and you know it 

Auch wenn man in Bad Gastein andauernd das Gefühl hat, hier allein zu sein, ist der Ort sehr stolz. Man weiß, was man hat und bildet sich darauf auch einiges ein. Längst hat von diesem Berlin der Alpen die halbe Welt gehört. Vor allem die deutsche Kreativszene hängt hier gern ab.

© Eva Reisinger

Auch der Musiker Friedrich Liechtenstein zählt zu den Fans des Ortes und hat es einmal so gesagt: „Gastein kommt mir vor wie ein merkwürdiger Ort für Geschichten zwischen Kleingeist und Größenwahn – dann auch noch komprimiert in der Vertikalen. Berlin geht in die Breite. Gastein geht in die Höhe.“

Über die Autorin, Eva

Eva Reisinger wuchs irgendwo im Nirgendwo in Oberösterreich auf. Sie war Österreichkorrespondentin für das junge Magazin des ZEIT-Verlags, kann einen Doppelliter Bier anschreien und am 14. Jänner erschien ihr erstes Buch „Was geht, Österreich?“. Sie lebt als freie Autorin in Wien.