Hinter den Bergen: Erste Küsse und heiße Pommes – wie das Freibad unsere Jugend prägt

  • Lesedauer: 3 Minuten

Sommer, Sonne, Pommes! Während Sonnenstrahlen unsere unterkühlte Haut aufwärmen und unseren Vitamin-D-Speicher auffüllen, eröffnen die Freibäder ihre Pforten. Höchste Zeit, diesem Ort eine Liebeserklärung zu widmen.

 

Als Kind wollte ich unbedingt einen Pool. Es war über Jahre mein Wunsch – zum Geburtstag und an Weihnachten. Ich war überzeugt, dass ein Becken voller Wasser mein Leben um 360 Grad verändern würde. Ich wuchs in der absoluten Pampa auf. Zehn Häuser neben der Straße. Bei uns gab es nicht mal eine Kirche, an einen Spar oder eine Pizzeria gar nicht zu denken. Ein Pool würde aus Oberösterreich O.C., California machen, da war ich mir sicher. 

Über Jahre lag ich meinen Eltern in den Ohren. Gab nicht auf und biss mich in der Idee fest – wie eine Zecke. Meine Strategie sah vor, sie durch Standfestigkeit zu zermürben. Ich hoffte, dass sie irgendwann dem Pool zustimmen würden, weil sie mich schlichtweg nicht mehr aushielten. Meine Eltern argumentierten mit der “vielen Arbeit” dagegen. Leider entschieden sie sich für die gleiche Taktik wie ich und bewegten sich keinen Millimeter mit ihrer Meinung. 

© Unsplash edited by Cansu Tandogan

So blieb mir verwöhntem Fratz nichts anderes übrig, als in den Sommerferien jeden Tag auf das Rad zu steigen. Das nächste Freibad war drei Kilometer entfernt. Am Weg träumte ich von Poolpartys, die nach der Ankunft schnell vergessen waren. Warum, sollte in diesem Text schnell klar werden. Dort gab es zwar keine Rutsche oder sonstigen Schnickschnack, aber ein Becken und ein Freibadbuffet. Während ich nicht aufhörte, über einen Pool oder wenigstens einen Schwimmteich zu sudern, bedachte ich nicht, dass das Freibad um so viel besser war. Denn dort passierte das wahre Leben und im besten Fall waren die Eltern weit weg. 

Bereits in der Schule wird den Kindern am Land die Liebe zum Freibad antrainiert. Ab Mitte Mai wird das Gewand aus dem Turnsackerl durch Badesachen ersetzt und immer donnerstags wanderten wir in Zweierreihe den Hügel runter zum Freibad. Dort trainierten wir kraulen, tauchen und alles, was wir für den Pinguin-Cup brauchten. Bei diesem Schwimmwettbewerb ging es für uns um alles, obwohl die zugehörige Urkunde am Ende eh alle bekamen. Wer Glück und einen guten Stundenplan hatte, konnte nach der Turnstunde gleich im Freibad bleiben. Und das wollten wir natürlich alle. Warum das Freibad für uns damals der beste Ort überhaupt war, sollen die nun folgenden Punkte zeigen.

First things first: Freibadbuffet 

 

Am besten am Freibad war das dazugehörige Buffet. Eine Frau, die immer rauchte, verkaufte Leberkässemmeln und Pommes mit Ketchup. Vielleicht lag es am Chlor in der Luft oder am Hunger nach dem Schwimmen – nie wieder schmeckte etwas derart gut. Das Essen verschlangen wir bereits am Weg zurück zum Badetuch. Danach stand entweder ganz klassisch ein Eis auf dem Menü oder eine Mischung aus Colakrachern und Gummischlangen, die man meterweise kaufen konnte. 

© Unsplash edited by Cansu Tandogan

Spotted: Die coolen Kids 

 

Die coolen Kids im Freibad waren daran zu erkennen, dass sie keine Badehosen und Bikinis trugen, sondern Unterwäsche. Die Jungs hatten Boxershorts unter den Badehosen an und die ragten so weit raus, dass sie alle sehen konnten. Bis heute erschließt sich mir der Grund dafür nicht. (Für Erklärungen wäre ich dankbar). Die Mädchen trugen Unterwäsche. Manche sogar String Tangas. Wir, die nicht coolen Kids, konnten unseren Mund nur schwer schließen vor Staunen. Das bekamen die coolen Kids aber eh nicht mit, denn sie lagen nicht beim Fußvolk in der Sonne. Sie verschanzten sich am Ende der Liegewiese zwischen den Bäumen im Schatten.

 

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Hot: Auf den Steinen bräunen 

 

Die nicht so coolen Kids, sprich wir, lagen nach dem Schwimmen gern auf den heißen Steinfliesen beim Eingang. Unsere jugendliche Naivität überragte zum Glück die Gedanken an Schweißfüße und Fußpilz. Wir liebten die Wärme. Einmal den nassen, kalten Körper platziert, durfte man nicht mehr die Position wechseln, da die Kacheln brennheiß waren. Diese Position hatte mehrere Vorteile. Natürlich um erstens trocken zu werden, aber zweitens, viel wichtiger, lag man für alle sichtbar auf dem Grill und bekam das Freibadgeschehen mit.

 

Der Bademeister 

 

So wie die ständig kettenrauchende Frau beim Freibadbuffet gehörte der von uns geliebte Bademeister zum ständigen Interieur. Wir nannten ihn “Freibadwaschl“. Er trug die scheinbar immer gleiche lachsrote Badehose, die ersten Knöpfe des Poloshirts immer aufgeknöpft und war den ganzen Sommer über niemals im Wasser. Ja, ernsthaft, ich habe ihn kein einziges Mal nass gesehen. Seine Rolle beschränkte sich darauf, alle zu ermahnen, die vom Seitenrand ins Wasser zu springen versuchten. Das war verboten. Er ließ es sich aber auch nicht nehmen, die Jungs, die uns Mädchen ärgerten, mit einem Schubser ins Wasser zu bestrafen. Manchmal sogar vom Seitenrand aus. 

 

© Unsplash edited by Cansu Tandogan

Too hot to handle: Die Garderobe 

 

Ich fühle heute noch die kalten Fliesen unter meinen Füßen und sehe den abgewälzten Rand der roten Kästen vor mir. Die Garderobe war ein wichtiger Ort, weil man sich dort den Blicken der Erwachsenen entziehen konnte. Dort passierten zwischen Schweißgeruch und Wasserlatschen einige erste Küsse.

 

Heute weiß ich, dass das Freibad hundertmal spannender war, als ein eigener Pool es jemals sein könnte. Sentimental kreisen meine Gedanken in der Vergangenheit zwischen kühlem Nass und heißen Pommes. Ich denke, es ist an der Zeit für einen Besuch.

Über die Autorin, Eva

Eva Reisinger wuchs irgendwo im Nirgendwo in Oberösterreich auf. Sie war Österreichkorrespondentin für das junge Magazin des ZEIT-Verlags, kann einen Doppelliter Bier anschreien und am 14. Jänner erschien ihr erstes Buch „Was geht, Österreich?“. Sie lebt als freie Autorin in Wien.