Hinter den Bergen: Warum wir in Österreich so gern Skifahren

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Die Menschen in Österreich halten viel aufs Skifahren. Selbst in den Lockdowns sind die Seilbahnen offen. Warum dieses Land den Sport so vergöttert, erkunde ich in dieser Kolumne.

Schnee wie Puderzucker, die Sonne kitzelt auf der Nase und der Kaiserschmarrn vielleicht im Bauch. Jeder Atemzug durchlüftet die stadtverseuchte Lunge wie einen alten Teppich, der mal wieder geklopft gehört. Du ziehst frische Spuren durch den Schnee und jeder Schwung macht dich ein kleines bisschen freier. 

Es knirscht unter dem Board oder den Ski, während du die Piste runterbraust. Ein jauchzender Schrei verlässt die Kehle. Das muss Freiheit sein, denkst du, bevor du die Maske richtest und dich beim Sessellift anstellst. 

© Cansu Tandogan

Helm, Brille, Maske

 

Während Gastronomie, Geschäfte und Tourismus im Lockdown schließen mussten, blieben die meisten Skigebiete offen. Die einen fanden das gut, die anderen gefährlich. Ich möchte in dieser Kolumne einmal nicht über die pandemischen Auswirkungen des Skifahrens sprechen, sondern warum Skifahren in Österreich überhaupt so wichtig ist.

 

„Schifoan ist das leiwandste, was man sich nur vorstellen kann“, sang Wolfgang Ambros und Tausende Menschen grölen den Refrain heute noch mit. In Österreich kommt es schon mal vor, dass ein Wahlduell im Fernsehen verschoben wird, weil ein Skifahrer eine Pressekonferenz zur selben Zeit ansetzt. 

So war es, als Marcel Hirscher, österreichischer Ski-Superstar, seinen Rücktritt verkündete. Auch wenn die eigene Karriere längst vorbei ist, verschwinden manche nicht von der Bildfläche, wie Armin Assinger beweist. Er moderiert seit Jahren die Millionenshow. Als Sportkommentator hat er mit Aussagen wie “Hoffentlich waren die alle beim Zahnarzt, denn die Strecke ist ein Plombenzieher” Kultcharakter erreicht. 

 

Österreich liebt Skifahren. Die Skifahrer*innen werden wie Royals in anderen Ländern verehrt. Seinen Anfang nahm der Sport übrigens im 17. Jahrhundert in Norwegen, wo sich Bäuer*innen auf so etwas Ähnlichem wie Skiern bewegten. Auch die ersten Rennen fanden in Norwegen statt.

 

© Cansu Tandogan

Erst in den 1890er-Jahren verbreitete sich der Sport in Europa und erste Skivereine wurden in Deutschland, Österreich und der Schweiz gegründet. Österreich wurde zu einer der beliebtesten Skiregionen Europas, aber erfunden haben wir den Sport nicht. 

 

Österreich kann Ski

 

Dafür können wir so gut Skifahren wie sonst niemand. Damit dem Land die Talente nicht ausgehen, war das Skifahren ab den 1920er-Jahren sogar Teil des Lehrplans in den österreichischen Schulen. Bis 1995 existierte in Österreich eine Skikurspflicht für Schüler*innen. 

 

Ich erinnere mich noch an den Skikurs. Für uns war es das Happening der gesamten Unterstufe. Auch wenn die Bilder in meinem Kopf eher die Geschichten von Schmusen ja oder nein, der Kinderdisco und Lawinenkunde erzählen.

Bei uns am Land in Oberösterreich fuhren fast alle Ski und das seit jungen Jahren. Kurz nachdem Kinder stehen können, stellt man sie schon auf die Ski. Ich lernte Skifahren von meinem Vater. Ich sehe den Schlepplift im Mühlviertel vor mir, wo ich zwischen seinen Skiern rauffuhr. Die ersten Bogerl fuhr ich ebenfalls auf diesem Hang. Während er neben mir her rannte. Für mich war das immer ein großer Spaß und eine besondere Zeit, die wir zusammen verbrachten. 

 

© Cansu Tandogan

Schifoan ist das leiwandste, ABER … 

 

Heute hat Skifahren einen grausligen Beigeschmack bekommen. Eigentlich will man gar nicht mehr zugeben, dass man gerne über die Piste wedelt. Warum ist das so? 

 

Ein Grund ist sicherlich, dass der Sport elitär geworden ist. Ausrüstung und Skipässe sind mittlerweile so teuer, dass sich nur die wenigsten einen Skiurlaub im Winter leisten können. Vor allem für Familien sind mehrere Tage auf der Piste mit Unterkunft schier unbezahlbar geworden. 

© Cansu Tandogan

Außerdem werden Skigebiete immer größer und damit der Sport immer umweltschädigender. Durch den Klimawandel steigen die Temperaturen und so schießen die Schneekanonen immer noch mehr Kunstschnee heraus. Parallel scheint es an so einigen Orten mehr um Party und Après-Ski zu gehen als um das Vergnügen auf der Piste. So verbinden viele mit Skifahren Bilder von Verletzten, die in ihren Skischuhen über den Parkplatz torkeln. 

 

Skifahren gehört zu Österreich wie das Schnitzel und der Apfelstrudel. Außerdem beherrschen wir wirklich nicht so viele Sportarten sehr gut (ich sag nur Fußball). Darum sollte endlich eine nachhaltige Richtung eingeschlagen werden, die Skifahren wieder leistbar macht, der Natur möglichst wenig schadet und die den Spaß für alle zugänglich macht. Dann schmeckt der Kaiserschmarrn in der Hütte auch gleich noch mehr. 

Über die Autorin, Eva

Eva Reisinger wuchs irgendwo im Nirgendwo in Oberösterreich auf. Sie war Österreichkorrespondentin für das junge Magazin des ZEIT-Verlags, kann einen Doppelliter Bier anschreien und am 14. Jänner erschien ihr erstes Buch „Was geht, Österreich?“. Sie lebt als freie Autorin in Wien.