Hasst mich bitte nicht! Mein Leben als dicke Frau

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„Hasst mich bitte nicht!“, ein Gedanke, der mich lange angetrieben hat. Hasst mich nicht, akzeptiert mich. Akzeptiert meinen dicken Körper, verachtet ihn nicht. Wie es sich anfühlen kann, zwischen Verachtung und Selbstliebe zu leben, außerhalb der Norm zu stehen und warum mir das mittlerweile echt egal ist. 

Es geschah an einem Frühlingsnachmittag.  Ich war Anfang 20, also der Teenager Zeit mit all ihren Unsicherheiten in Bezug auf meinen dicken Körper eben erst entwachsen, Diäten abgeschworen und fühlte mich gut. Gerade hatte ich mich nach einem schönen Tag mit meinen Freundinnen auf den Heimweg gemacht. Der Tag war mild, die Stimmung gelöst, wir hatten viel gelacht.

So stieg ich lächelnd in die U-Bahn ein und war zufrieden mit der Welt.

Doch dann blieb mein Blick an einem Paar Augen hängen und meine unbeschwerte Laune löste sich in Luft auf. Der junge Mann neben mir starrte mich an.

Wenn dir Verachtung ins Gesicht starrt

Sein Ausdruck sagte: „Igitt“, „eklig!“ Der Blick war voller Abneigung und Entsetzen. Ich erstarrte und ließ es kommentarlos über mich ergehen.

Dabei schüttelte mein Gegenüber auch noch den Kopf, nur um mir dann wieder mit Verachtung in die Augen zu schauen. Es war seine volle Absicht, mich spüren zu lassen, wie eklig und unangenehm mein Äußeres ist. Ich fühlte mich so gedemütigt, unfassbar erniedrigt.

Ich war nicht fähig, zu reagieren. „Wieso hasst der meinen Körper so? Wieso findet der mich so ekelhaft? Was ist falsch mit mir?“. All diese Fragen schossen mir durch meinen Kopf.

© BAM! | Andrea (Dre) Zapanta Scharf

Der Blick in den Spiegel

Als dicke Frau durchs Leben zu gehen, hat selten etwas mit Leichtigkeit zu tun und das liegt nicht am Körpervolumen. Nein, vielmehr sind es die täglichen Blicke, mal belustigt, mal verächtlich, oder auch Bemerkungen, die mir den Alltag vermiesen. „Fette Kuh, nimm ab!“, ist dabei noch einer der netteren Ausrufe.

„Wozu das Alles?“

Kann es denen nicht egal sein? Können mich andere Menschen nicht einfach als das akzeptieren, was ich bin?

Selbstliebe Trugschluss oder Befreiungsschlag?

Diese Fragen gehen mir immer wieder einmal durch den Kopf. Heute aber bei Weitem nicht mehr so oft wie früher. Habe ich mich doch vor längerer Zeit davon verabschiedet überall hineinpassen zu müssen. So habe ich gelernt meinen Körper zu akzeptieren, ja sogar zu lieben.

© BAM! | Andrea (Dre) Zapanta Scharf

Das war kein einfacher Prozess. Besser gesagt, es ist immer noch nicht einfach. Nicht, weil ich mich selbst für so hässlich halte. Vielmehr, weil mir Menschen im Fernsehen und in Magazinen, in der Werbung, in Talkshows und Filmen, oder eben auf der Straße schon mein ganzes Leben vorwerfen, falsch zu sein. Ungesund und unattraktiv. Um meinen Körper akzeptieren und lieben zu lernen, musste ich lernen, mit diesen Meinungen über mich umzugehen.

Niemand der mir vorwirft ungesund zu sein, weiß ob ich es wirklich bin. Keine fremde Person, die mir vorwirft unbeweglich zu sein weiß, ob ich Sport mache. Ja, mein Bauch sieht anders aus, als die Bäuche, die wir in Magazinen sehen. Mein Bauch ist nicht flach, doch das macht ihn nicht hässlich. Er ist einfach anders. Mein Körper ist größer und hat mehr Rundungen und manche finden das unattraktiv. Doch es ist mein Körper, der mich jeden Tag durchs Leben trägt.Der es mir ermöglicht, meinen Alltag voller Elan und mit Begeisterung zu meistern.

© BAM! | Andrea (Dre) Zapanta Scharf

Ich möchte mit einem positiven Körperbild durchs Leben gehen, denn das beeinflusst einfach alles. Die Art, wie man mit sich selbst umgeht, wie man andere sieht. Das möchte ich nicht mit Hass und Verachtung tun.

Wir sind nicht auf die Akzeptanz von Fremden angewiesen. Und seitdem ich mein Leben nicht mehr nach anderen richte, geht es mir viel besser.

Über die Illustratorin, Dre

Dre ist eine Illustratorin und Gif-Macherin aus New York City. Sie illustriert den Alltag in einem spielerischen Licht und erkundet gerne Frame-By-Frame Animationen, um ihr Storytelling zu untermalen.
www.thingsdremakes.com
@thingsdremakes

Über die Autorin, Bobby

Als Plus Size Expertin widmet sich Bobby unter anderem in ihrem eigenen Blogazine „Curvect“ ganz dem Thema dicke Körper. Dabei berichtet sie als Bloggerin über neueste Modetrends, führt Interviews mit verschiedensten Persönlichkeiten über das Thema Körperakzeptanz & organisiert als Expertin Events und Workshops mit und für Menschen mit Plus Sizes.