Warum Trigger Warnungen essenziell für einen sicheren Aufenthalt im Internet sind

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“Das triggert mich” ist ein Satz, über den man in letzter Zeit öfter stolpert. Dabei ist mir bis jetzt immer wieder aufgefallen, dass er häufig in sehr unterschiedlichen Situationen eingesetzt wird. Das kann auf Personen, die tatsächlich auf Triggerwarnungen angewiesen sind, kränkend und verwirrend wirken. 

Was sind Triggerwarnungen?

Als Trigger werden Auslöser oder Reize bezeichnet, die bei Menschen mit Traumaerfahrung und/oder psychischen Erkrankungen unter anderem negative Emotionen oder Flashbacks hervorrufen können. Triggerwarnungen, auf Social Media auch Content Warnings oder Content Notifications (TW, CW und CN) genannt, sollen jeder Person die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden, welche Inhalte sie konsumieren möchte.

Traumatische Erfahrungen sind vielfältig und oft komplex. Jede Person geht individuell mit ihren eigenen Erfahrungen um. So ist es also nur logisch, dass verschiedene Themen zu verschiedenen Reaktionen führen können. Um Leser*innen oder Zuhörenden noch besser vor möglicherweise traumatisierenden Inhalten zu warnen, kann und sollte im Zuge der Triggerwarnung auch noch auf das jeweilige Thema hingewiesen werden. 

© BAM! | Marietta Dang

Häufig handelt es sich dabei um körperliche oder psychische Gewaltdarstellung, Rassismus, Sexismus, Homo-, Inter-, Trans- oder Queerfeindlichkeit, Ableismus, Krieg, Suizid, Essstörungen, Blut oder Mobbing. Zusätzlich können auch verschiedene Geräusche oder blinkende Lichter ungewollte Reaktionen hervorrufen.

Die Ernsthaftigkeit dieser Themen verrät vielleicht auch schon ein bisschen, warum es ziemlich unangebracht ist, das Wort “triggern” oder den Satz “Das triggert mich” in Situationen zu verwenden, die nichts mit der tatsächlichen psychischen Verfassung einer Person zu tun haben. Gleichzeitig ist es natürlich wichtig keiner Person die eigenen Erfahrungen abzusprechen. Versalzenes Essen oder eine verstopfte Nase zählen aber definitiv nicht zu den Dingen, die triggern.

Wer braucht Trigger Warnungen?

Ich. Ja genau, ich bin eine von diesen Personen, die auf Triggerwarnungen in den sozialen Medien angewiesen ist. Vor allem seit der BLM-Proteste 2020 und der damaligen Präsenz bestimmter Themen in den sozialen Netzwerken.

 

© BAM! | Marietta Dang

Zu Beginn des letztjährigen Sommers wurde ich, wie alle anderen Menschen, die sich in den sozialen Medien aufhielten, als Folge des rassistisch motivierten Mordes an George Floyd mit einer Flut an Nachrichten, Informationen, Fotos und Videos überschüttet. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich aber leider noch nicht, welche Folgen dieser ungebremste Nachrichtenkonsum für mich als Person mit Rassismuserfahrungen haben würde.

Einzelheiten über grausame Taten rassistischen Ursprungs wurden geteilt und verbreiteten sich in Windeseile. Wochenlang war ich all diesen auf mich einprasselnden Inhalten ungeschützt ausgesetzt. Von Tag zu Tag fiel es mir schwerer Zeit auf Instagram, Twitter und Co. zu verbringen. Da ich aber vor allem in dieser Zeit für mich wichtige Informationen hauptsächlich von sozialen Medien bezog und auf die gegenseitige Unterstützung Betroffener angewiesen war, ergab sich für mich zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit mich davon fernzuhalten. 

Wenn Triggerwarnungen fehlen…

Triggerwarnungen wurden zu dieser Zeit selten eingesetzt. Aber sie wurden genau wegen der medialen Berichterstattung zu BLM immer relevanter. Das Resultat meines ungefilterten Informationskonsums waren Depressionen, hervorgerufen durch (re-) traumatisierende Emotionen.

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Es dauerte nicht lange bis sich meine Verzweiflung mit einer großen Portion Wut vermischte. Wut darüber, dass virtuelle Räume, in denen ich mich zuvor sicher und wohlgefühlt habe, sich für mich in Orte verwandelten, an denen ich mir unfreiwillig Sorgen um meine mentale Gesundheit machen musste. Wut darüber, dass Millionen von Menschen ohne Rücksicht auf die Gefühle und Erfahrungen Betroffener Beiträge rassistischer Gewalt verbreiteten und dabei fast schon ein Wetteifern darum veranstalteten, wer als Erste*r das wohl schockierendste Foto oder Video veröffentlichte.

Rücksichtnahme is key!

Meine Wut bündelte ich in mehreren Instagram Stories, in denen ich meinen Follower*innen versuchte zu erklären, wie wichtig Triggerwarnungen für viele Schwarze Menschen sind, wenn es um Themen wie anti-Schwarzen Rassismus geht. Es schien mir als der einzig sinnvolle Weg meinem Frust Raum zu verschaffen.

Heute weiß ich natürlich, dass der beste Weg der einer digitalen Auszeit gewesen wäre. Gleichzeitig finde ich aber auch, dass mein Rückzug aus den sozialen Medien wegen unsensiblen Verhaltens anderer nicht die Lösung für das Problem ist, wenn es doch relativ unkompliziert ist, Triggerwarnungen einzusetzen. 

© BAM! | Marietta Dang

Was ich also mit all dem sagen möchte ist, dass es wirklich notwendig ist auf die Bedürfnisse marginalisierter und nicht privilegierter Menschen Rücksicht zu nehmen. Außerdem ist es wichtig zu wissen, was Trigger sind und welche Funktion Triggerwarnungen haben, bevor man Sätze wie “Das triggert mich” in Situationen verwendet, in denen sie nicht mit den oben genannten oder anderen triggernden Inhalten verbunden sind.

Ich selbst möchte nie wieder in eine emotional so herausfordernde Situation kommen, die durch Rücksicht und ein wenig Reflexion meines (digitalen) Umfelds hätte vermieden werden können. 

Es ist eigentlich ganz einfach…

Spricht man auf Instagram und auf anderen sozialen Plattformen also Themen an, die für manche Menschen extrem aufwühlend sein können, ist es wichtig, die Triggerwarnungen nicht zu vergessen. Sie sollten groß genug und gut leserlich eingesetzt werden und so platziert werden, dass sie wirklich als Warnung wahrgenommen werden können. 

 

© BAM! | Marietta Dang

“TW anti-Schwarzer Rassismus und Polizeigewalt” wäre also ein passende Triggerwarnung vor einem Beitrag, der eben diese Themen beinhaltet. Aber auch im analogen Leben ist es wichtig, auf die Bedürfnisse seiner Mitmenschen Rücksicht zu nehmen. Das geht ganz einfach, indem gefragt werden kann, ob die Person mit dem folgenden Gesprächsthema einverstanden ist.

Für manche unter uns mögen die beschriebenen Schritte keine große Bedeutung haben, dennoch sind sie für einige tatsächlich wichtig und können einen großen Impact haben. Trigger Warnungen schaffen natürlich keine Probleme aus der Welt, aber sie helfen uns auf jeden Fall dabei, sensibel mit den individuellen Bedürfnissen unserer Mitmenschen umzugehen.

Über Marielle

Als Studentin der Afrikawissenschaften fokussiert sich Marielle in ihrer politischen Arbeit vor allem auf Rassismus(geschichte), Intersektionalität und Klasse.
Ihre Erfahrungen und Gedanken zu gesamtgesellschaftlichen Themen teilt sie auf ihrem Instagram-Account @blackradicalwoman.