Verkosten wie ein Profi – diese 9 Tipps machen dich zur/zum Genuss-Expert*in

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Kennst du das nicht auch: Du sitzt im Restaurant, bekommst dein Essen serviert und denkst dir dabei, dass du eigentlich gerne mehr über das Gericht, die einzelnen Komponenten und wie sie wirken, wissen würdest? Wir haben Restauranttester*innen und Sensoriker*innen über die Schultern geschaut und verraten dir ein paar coole Facts und Tipps, mit denen du beim nächsten Restaurantbesuch schon als kleiner Verkostungsprofi gelten wirst.

1. Über Geschmack kann man streiten

Wenn wir in Zusammenhang mit Essen über Geschmack reden, wollen wir im Alltag ausdrücken, ob uns ein Gericht zusagt oder eben nicht. In der Fachsprache meint man mit Geschmack die fünf Grundgeschmacksrichtungen: Süß, Sauer, Salzig, Bitter und Umami. Für diese gibt es erwiesenermaßen auf der Zunge Geschmacksknospen.

Über den sechsten Geschmacksträger-Kandidaten, “Fett”, streiten sich derzeit tatsächlich noch die Wissenschaftler*innen. Ob es für diesen ebenfalls Geschmacksknospen gibt, gilt als wahrscheinlich, aber derzeit (noch) nicht bewiesen.

© BAM! | David Schneider

2. Du sollst nicht alles glauben, was geschrieben steht

In Lehrbüchern finden sich immer noch Abbildungen von Zungen, auf denen den Geschmacksrichtungen bestimmte Zonen zugewiesen sind. Zum Beispiel wird die Zungenspitze dort etwa dem Geschmack “Süß” zugeordnet. Und das, obwohl diese Zungenlandkarte aus dem Jahr 1901 von David Hänig schon schon seit 1974 als widerlegt gilt. Tatsächlich schmecken wir auf der ganzen Zunge alles! Lediglich “Bitter” nehmen wir am Zungengrund eine Spur deutlicher wahr.

3. Scharf ist kein Geschmack 

Chili, Senf, Ingwer, Pfeffer und Co. verursachen Schmerzen! Scharf ist kein Geschmack, sondern eine Reizung des sogenannten Trigeminusnervs. Gemessen wird Schärfe in Scoville. Der schärfste Paprika der Welt hat 1.500.000; ein Pfefferspray ein bisschen mehr- nämlich 5.300.000 Scoville. Beim Verkosten von Gerichten solltest du nicht mit der schärfsten Komponente beginnen, denn wenn der Mund brennt, schmeckst du nicht mehr viel.

© BAM! | David Schneider

4. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold

Ein angeregtes Tischgespräch ist eine tolle Sache. Will man ein Gericht wirklich erfassen, ist es andererseits hilfreich, wenn man kurz den Mund hält und sich voll auf den Teller konzentriert – zumindest bewusst ein paar Sekunden lang. Also: Schauen – Riechen – Kosten. Im Idealfall ist der Teller so konzipiert, dass man alle Komponenten einzeln probieren kann, dann gemeinsam und auch in verschiedenen Paarungen.

5. Aroma versus Geschmack

Wir schmecken mit der Nase. Du kannst das ganz leicht selber testen: Halte dir die Nase zu und kaue auf einer getrockneten Himbeere herum. Obwohl du weißt, dass du eine Himbeere im  Mund hast, schmeckst du nur Sauer. Lass die Finger los und atme: Jetzt nimmst du die Aromen der Himbeere wahr. Funktioniert immer. Der Verlust des Geruchssinns ist (auch) für genussvolles Essen eine echte Katastrophe. Du kennst das: Wenn du Schnupfen hast, schmeckt dir nichts so richtig, oder?

Pro-Tipp: Trage also bei einer Verkostung niemals Parfüm – damit verwirrst du nur deine Nase und somit auch dein Geschmacksempfinden.

© BAM! | David Schneider

6. Fragen kostet nichts

Niemand erwartet, dass du alle Zutaten dieser Welt kennst. Im Restaurant wird man dir sicher gern mehr zum Gericht, das vor dir steht, erzählen. Frag einfach den/die Kellner*in wenn du gerne mehr Informationen zu deiner Speise hättest. Das Servicepersonal beißt schließlich nicht, sondern freut sich oftmals, wenn es etwas von seinem Wissen weitergeben kann.

7. Viel Besteck? Kein Grund zur Panik!

Essen kann jede*r. Schwellenangst vor bestimmten Restaurants ist unbegründet. Du bist überall Gast, also König*in. Viele Lokale im Luxussegment bieten mittags Menüs an, die viel weniger kosten als das Essen abends, aber trotzdem atemberaubend tolle Erfahrungen bieten. Ist viel Besteck eingedeckt, benutzt man es von außen nach innen. Unter uns: Wir haben schon mit Profis gegessen, die ein 20-gängiges Menü lang nur eine einzige Gabel und ihre Finger benützt haben. Erlaubt ist im Grunde alles, was andere nicht stört.

8. Wasser und Brot

Diese beiden sind deine besten Freunde beim Verkosten! Mit stillem Wasser – und bei zu viel Schärfe bitte mit Brot – kannst du deinen Gaumen neutralisieren und für neue Eindrücke bereit machen.

© BAM! | David Schneider

9. Bleib neugierig

Versuche jede Woche ein neues Lebensmittel zu finden und zu kosten. Kennst du zum Beispiel die Cedratzitrone schon? Oder den Mönchsbart? Der hat im Frühling Saison! Geh auf den Markt einkaufen. Selber Kochen hilft ebenfalls. Du kannst Produkte in ihrem ursprünglichen Zustand kennen lernen und bekommst eine Ahnung, ob der Koch im Restaurant ein Könner ist. 

In diesem (Geschmacks)Sinne: Viel Vergnügen beim Abenteuer Verkosten!

 

Über die Autorin, Claudia

Claudia Busser aß als Teenager nur freiwillig, was ihre Großmutter oder Mutter gekocht haben. Bis sie dann beim Besuch im (nicht mehr existierenden) Restaurant Altwienerhof ihr kulinarisches Schlüsselerlebnis hatte. Seitdem ist sie auf der Jagd nach dem perfekten Gericht. Sie testet und schreibt für verschiedene Medien und gibt seit 2011 zusammen mit Andrea Pickl www.kekinwien.at heraus – dort empfiehlt sie das Beste aus Kunst, Essen und Kino in Wien und anderswo.