Hinter den Bergen: So geht Fasten auf Österreichisch

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Zwischen Volldampf und Ostereier-Suchen wird gefastet und gebüßt – zumindest in der Theorie. Warum das eine oder andere Bier trotzdem geht und was hinter der Fastentradition in Österreich steckt, möchte ich in dieser Kolumne klären.

Ich erinnere mich noch gut an jeden Fastenbeginn während meiner Teenie-Zeit. Den Schmerz, die aufsteigende Übelkeit, die verzögerte Reaktionsmöglichkeit. Aschermittwoch war immer der eine Tag, an dem es mir (und vielen anderen) besonders schlecht ging. Schlimmer als der Tag nach meinem sechzehnten Geburtstag und ja sogar noch schlimmer als am 1. Jänner. 

Noch einmal richtig auf den Putz hauen und dann…

Am Tag vor dem großen Fasten feiert man in Österreich den Höhepunkt des Faschings (wenn nicht gerade eine Pandemie dazwischen kommt). Am Faschingsdienstag gibt es bei uns eine große Party, einen Faschingsumzug, bei dem erwachsene Menschen anderen von Traktoranhängern aus Alkohol oder Zuckerl in den Mund leeren. Schließlich treffen sich alle im Wirtshaus oder Beisl im Ort und spätestens ab dem späten Nachmittag ist wirklich alles wurscht. 

Zwischen Stamperl und Konfetti wird gefeiert, als würde am nächsten Tag die Welt untergehen. Und das tut sie ja auch. Zumindest ein bisschen. Darum feiert man noch mal gescheit, gönnt sich noch einen Faschingskrapfen und einen Jägermeister. Weil ab morgen darf man ja eh nix mehr. Den Fasching vor dem Fasten gibt es übrigens in vielen europäischen Ländern. In Frankreich spricht man zum Beispiel von Mardi Gras (dem fetten Dienstag) und im englischsprachigen Raum nennt man es den Pancake Tuesday (Pfannkuchen Dienstag). Sich noch einmal richtig etwas gönnen vor dem großen Hungern, ist nichts speziell österreichisches.

© BAM | David Schneider

Buße tun 

Mit dem 17. Februar beginnt für die Katholik*innen dieses Jahr nach der (wahrscheinlich nicht so großen) Eskalation das große Kasteien. 40 Tage verzichten dann jene, die es streng halten, auf Fleisch, Alkohol, Süßigkeiten, Rauchen und oder andere Genüsse. Manche sogar auf das Auto. Bei einer Umfrage gaben immerhin 40 Prozent der Menschen in Österreich an, zwischen Aschermittwoch und Ostern zu fasten. Die meisten verzichteten auf etwas Süßes, dann Alkohol und schließlich Fleisch.

© BAM | David Schneider

Derweilen sind Alkohol und Fleisch ja doch bitte mitunter das Wichtigste in Österreich. So ist es bei uns Zuhause immer ein riesen Thema gewesen, an dem einen Tag mal kein Fleisch zu essen. Am Aschermittwoch isst man dann eben Heringsschmaus. Nur kein Fleisch. Zum Glück ist der Hering kein Tier. 

© BAM | David Schneider

Warum wird eigentlich gefastet? 

Die Fastenzeit sollte zur Buße genutzt werden und an Jesus erinnern, der nach seiner Taufe in der Wüste betete und hungerte. So sollte man sich auch die eigene Sterblichkeit bewusst machen. Im Mittelalter hielt man es sogar so streng, dass nur eine Mahlzeit am Tag erlaubt war und man sich vegan ernährte. Also nix mit Heringsschmaus.

Ausnahmen existierten aber schon in der Vergangenheit. Im 15. Jahrhundert erlaubte beispielsweise der Papst den Verzehr von Butter und Milchspeisen. Gegen die Zahlung des sogenannten Butterpfennig konnte man sich eben mal freikaufen. 

“Ich trink in der Fastenzeit ned!”

Während Alkohol in Österreich ja zum sozialen Miteinander genauso dazugehört wie das Lagerhaus, gibt es diese eine Zeit im Jahr, wo es dann doch okay ist, nicht zu trinken. Selbst die stolzesten Vertreter*innen hört man sich dann dem Alkohol entziehen. “Ich trink in der Fastenzeit ned!” Weil das hat man immer schon so gemacht. Und vielleicht ist es dann im restlichen Jahr auch wieder mehr egal. 

© BAM | David Schneider

Es wäre nicht Österreich, wenn dabei nicht ein Auge zugedrückt werden würde. So gehören mehrere Joker beim Fasten sowieso dazu. Weil einmal ist keinmal. Weil so streng ist das ja nicht. Weil schon in der Nacht vor dem großen Fastenbeginn strömt schließlich noch der Alkohol durch die Venen. So bricht man auch mal am Sonntag das Fasten und isst Fleisch – weil das zählt ja auch nicht. Und auch das eine oder andere Glas Wein muss drinnen sein. Wenn doch sogar der Pfarrer weiter Messwein trinken darf. Und der Gedanke zählt schließlich. 

Das nennt man dann übrigens eine österreichische Lösung. 

 

Über die Autorin, Eva

Eva Reisinger wuchs irgendwo im Nirgendwo in Oberösterreich auf. Sie war Österreichkorrespondentin für das junge Magazin des ZEIT-Verlags, kann einen Doppelliter Bier anschreien und am 14. Jänner erschien ihr erstes Buch „Was geht, Österreich?“. Sie lebt als freie Autorin in Wien.