Hinter den Bergen: Das gottverdammte Wetter und warum wir in Österreich so gerne darüber reden!

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Kein anderes Thema beeinflusst die Menschen derart in diesem Land. Über nichts wird derart viel gesprochen. Warum alle über das Wetter reden und warum alle unzufrieden sind.

 

Ich blicke aus dem Fenster und es regnet. Schon wieder. Oder immer noch. Je nachdem. Es war doch schon längst Frühling! Es hatte doch schon 20 Grad! Ich hab’ doch schon meine Winterjacken in den Keller gepackt! Mit jedem Tropfen ärgere ich mich noch ein kleines bisschen mehr. Als würde der Regen nur zu meiner Provokation vom Himmel fallen. Aktuell regen sich alle gerade über das Wetter auf. Ich schließe mich dem gerne an. Wir warten sehnsüchtig auf die Sonne, auf einen Frühling, der bleibt. Doch sind wir uns ehrlich, selbst wenn der dann da ist und es eine Woche den Asphalt, die Öffis und unsere Wohnung wärmt, jammern bereits die ersten über die Hitze.

“Wird scho net regna!” 

Egal, ob dicke Schneeflocken vom Himmel fliegen, der Regen auf das Dach prasselt oder die Sonne den Raum aufheizt. Irgendjemand ist immer unzufrieden mit dem Wetter. Grundsätzlich sudern die Menschen in Österreich ja wahnsinnig gerne. Auch wenn Wien besonders bekannt ist für das Sudern und sich ein Alleinstellungsmerkmal durch seine wirklich besonders unfreundlichen Menschen erarbeitet hat, kann man das Sudern auch im Rest des Landes ganz gut.

© Unsplash edited by Cansu Tandogan

Das Wetter bietet der österreichischen Seele eine Steilauflage. Denn selbst wenn einem oder einer die Menschen nebenan gerade nicht am Arsch gehen, man niemanden in der Bim wegen irgendwas anschreien kann, nicht im Stau gestanden ist und sogar der Hund mal tut, was man will, bleibt immer noch dieses gottverdammte Wetter. Weil das passt doch wirklich nie! Eine Sauerei ist das!

 

“Jessas Maria, es schitt!” 

Aktuell ist das Wetter wirklich besonders schlimm. Regen, Hagel, Schnee und nichts davon haben wir bestellt. Ich für meinen Teil hab nicht nur meine Winterjacken längst verräumt, sondern bereits die Pflänzchen auf den Balkon gesetzt. Ja, trotz der Warnungen meiner Mutter. Ja, trotz der Eisheiligen. Sie wird recht behalten, meine kleinen Tomaten und Gurken werden erbarmungslos erfrieren.

 

 

Aus den Erfahrungen der jährlichen Feiertage müssten wir eigentlich wissen: Auf das Wetter ist wirklich niemals Verlass. Außer man will sich darauf verlassen, dass es versagen wird. Wie es sich in einer toxischen Beziehung gehört, verdrängt man das aber gleich wieder. An Weihnachten, wo sich die meisten nichts sehnlicher wünschen als ein paar weiße Flöckchen, schneit es nie. Nicht mal Schneeregen oder Hagel. Nichts! Dafür immer wieder gerne im April an Ostern. So müssen die Ostereier in der Winterjacke gesucht werden. Danke für nichts!

© Unsplash edited by Cansu Tandogan

Und während des Lockdowns kauften wir spezielle Outdoordecken und Picknickkörbe und verabredeten uns auf einen Kaffee, obwohl alles, was man dazu brauchte, geschlossen hatte. Geburtstage und Hochzeiten wurden draußen gefeiert. Egal wie kalt oder warm, ob Regen, Schnee oder 40 Grad. Kurz war dieses ständige draußen sein ja ganz nett, spätestens nach der ersten Blasenentzündung aber auch wieder over.

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Die Menschen fragen dann gerne: Muss das sein??? Ich stelle mir eine dunkle Wolke am Himmel vor, deren Gesicht ein lachendes Emoji ist und höre sie uns auslachen: Ho, ho, ho! 

“Wie wird’s Wetter morgen?” – “Schau ma mal!“

 

Die Menschen sprechen nicht nur besonders gerne über das Wetter, weil man sich da schön aufregen kann, nein, es befriedigt auch noch ein zweites Bedürfnis. Das Wetter bietet einen Anlass für jede Art von Sorgen. Sorgen machen kann man sich um vieles und egal, wie oft man es tut, es ist nie genug. Ruhe hat man nie. 

 

© Unsplash edited by Cansu Tandogan

Mal regnet es zu wenig, dann viel zu viel und dazwischen ist es auch noch eisig. Das Wetter eignet sich auch wunderbar, um ihm die Schuld zu geben. Die schlechte Ernte. Zu wenig Menschen in der Kirche. Zu wenig Besucher*innen. Kopfweh, Müdigkeit, Halsweh. Trotzdem hofft man insgeheim, dass das Wetter schlecht bleibt. Würde es plötzlich passend sein, worüber sollte man sich dann noch sorgen.

Aber der Frühling wird kommen! Ich fühle ihn. Ich werde neue Tomaten setzen und wenn sie die August-Sonne verbrannt hat, können wir uns wieder zusammen über das Wetter aufregen.

Über die Autorin, Eva

Eva Reisinger wuchs irgendwo im Nirgendwo in Oberösterreich auf. Sie war Österreichkorrespondentin für das junge Magazin des ZEIT-Verlags, kann einen Doppelliter Bier anschreien und am 14. Jänner erschien ihr erstes Buch „Was geht, Österreich?“. Sie lebt als freie Autorin in Wien.