Verlängerter, Mehlspeisen, Langsamkeit, Gemütlichkeit und Nostalgie – all das findet man in traditionellen Wiener Kaffeehäusern. Und genau darauf möchte ich in dieser Kolumne ein Loblied singen.
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Verlängerter, Mehlspeisen, Langsamkeit, Gemütlichkeit und Nostalgie – all das findet man in traditionellen Wiener Kaffeehäusern. Und genau darauf möchte ich in dieser Kolumne ein Loblied singen.
Einen Verlängerten beim Herrn oder der Frau Ober bestellen, dazu vielleicht ein Stück Strudel und sich quer durch die Zeitungen lesen- so in etwa kann man sich die Zeit in einem Wiener Kaffeehaus vorstellen. Auch wer nur einen Kaffee bestellt, darf stundenlang sitzen bleiben und wird nicht andauernd gefragt, ob man noch etwas mag. Die Kaffeehauskultur wurde von der UNESCO 2011 übrigens zum immateriellen Kulturerbe erklärt. Seither steht die spezielle Atmosphäre, die seit Ende des 17. Jahrhunderts in den Wiener Kaffeehäusern existiert, ganz offiziell unter Schutz.
G’scheite Kaffeehäuser haben mir während meiner Zeit in Berlin mitunter am meisten gefehlt. Klar, auch anderswo gibt es nette Cafés und Coffeeshops. Ja, der Kaffee ist dort meistens sogar besser. Aber darum geht es nicht. Ein Wiener Kaffeehaus überzeugt mit seinem Charme und nicht mit dem Kaffee. Was ist also so besonders an diesen Orten?
Das Wichtigste gleich zu Beginn: Ein Kaffeehaus besucht man nicht noch schnell im Vorbeigehen, sondern nimmt sich Zeit. Dort gibt es allerlei zu tun. Erst mal bieten sich die zahlreichen Zeitungen an, die dort mit den traditionellen Zeitungshaltern aufliegen. Auch Kartenspiele, Billard und Schach sind angesagt. Am liebsten beobachte ich aber die Menschen dort. Wie etwa gestern zwei Wiener Damen, längst in Pension. Ihre Lippen rot und pink geschminkt. Ein Yorkshire Terrier auf einem Deckchen neben der einen Dame. Sie beide trinken Sekt und essen Punschkrapfen. Dabei tratschen sie über ihre Enkelkinder und deren sterbenslangweilige Partner*innen und wie anders doch sie in ihrer eigenen Jugend waren.
In einem Kaffeehaus lernt man wieder, wie herrlich das Nichtstun sein kann. Verloren blickt man auf das altehrwürdige Interieur und gibt sich ganz den Gedanken und Beobachtungen hin. In einem Wiener Kaffeehaus kann man ganz wunderbar gemeinsam allein sein.
Neben den Besucher*innen ist auch die Einrichtung der Ur-Wiener-Kaffeehäuser besonders. Noch heute sind die Sitzgelegenheiten oft mit rotem Samt weich gepolstert oder man nimmt überhaupt gleich auf Thonet-Stühlen und an Marmortischen Platz. An den Wänden erstrecken sich große Spiegel, die geradezu einladen, die anderen Gäste zu beobachten. Nicht nur im Interieur ist die Zeit stehen geblieben, auch die Kellner*innen tragen klassisch Frack und Kostüm sind manchmal auch genauso grantig, wie das Klischee es besagt.
Distanziert fragen sie: “Sie wünschen?” und rauschen danach gleich wieder wortlos ab. Doch es geht auch anders: Einige Wiener Traditionskaffees, in denen ich bereits war, werden auch auch mit besonders freundlichem Personal geführt. Was zu Beginn tatsächlich überrascht, dann aber doch sehr angenehm ist.
Ein Stück Sachertorte, ein Punschkrapfen, ein Apfelstrudel und selbst ein paar Frankfurter schmecken im Kaffeehaus immer besser als überall sonst. Das Loblied auf die Mehlspeisen erspare ich an dieser Stelle, da es das von mir schon gab. Auf vielen Karten findet man außerdem traditionelle Kaffeesorten wie einen Melange, Verlängerten, aber auch einen Einspänner (Doppelmokka mit Schlagobers) , Fiaker (Doppelmokka mit Schlagobers und Inländerrum) oder einen Maria Theresia (Mokka mit Schuss Cointreau und Schlagobershaube). Trotz all der Auswahl bleibe ich lieber ganz klassisch beim Verlängerten.
Als wäre das nicht alles schon gut genug, fühlt man sich an diesem Ort auch automatisch sehr intellektuell. Wie ein Instagram-Filter für den Verstand legt sich die Atmosphäre des Kaffeehauses über einen. Egal, ob man es nun wirklich ist oder nicht, das Wiener Kaffeehaus macht uns alle zu Philosoph*innen, Schriftsteller*innen und Künstler*innen.
Schon im 19. Jahrhundert galt Wien als die Kaffeehaus Stadt Nummer eins. Hier trafen sich die Wiener Boheme zum Austausch, ja manche ließen sich selbst ihre Post ins Kaffeehaus schicken. Als eine „Institution besonderer Art, die mit keiner ähnlichen der Welt zu vergleichen ist“ beschrieb Schriftsteller Stefan Zweig es übrigens.
Das Kaffeehaus ist also nicht nur besonders gemütlich, das Essen besonders gut, sondern macht einen auch noch besonders g’scheit.
Über die Autorin, Eva
Eva Reisinger wuchs irgendwo im Nirgendwo in Oberösterreich auf. Sie war Österreichkorrespondentin für das junge Magazin des ZEIT-Verlags, kann einen Doppelliter Bier anschreien und am 14. Jänner erschien ihr erstes Buch „Was geht, Österreich?“. Sie lebt als freie Autorin in Wien.
Wie klingt denn Liebe auf Österreichisch? Eva Reisinger hat humorvolle Phrasen gesammelt, wie Österreicher*innen ihre Liebe ausdrücken.
Von TeamHalloween, Thanksgiving, Black Friday und Co. verwandeln Österreich im Herbst fast schon in ein kleines Amerika...
Von Eva ReisingerWir in Österreich sind bekannt für schöne Berge, gutes Schnitzel und gemütliche Kaffeehäuser, aber ganz sicher nicht für unsere Offenheit. Warum niemand länger als eine Minute Englisch sprechen kann, danach sofort in den tiefsten Dialekt verfällt und die meisten am liebsten in der eigenen (österreichischen) Bubble bleiben.
Von Eva ReisingerMelde dich zu deinem weekly Schmankerl an und erhalte im Menüvorschlag der Woche exklusive Inhalte von Influencer*innen und spannenden Persönlichkeiten, kreative BAM! Storys, heiße Empfehlungen, die dich inspirieren, sowie lustige Inhalte von Kolumnistin Sarah und lachflashartige Memes.
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